Was macht man mit einem Geschenk, um das man nicht gebeten hat? 2003 haben die USA den sunnitischen irakischen Diktator Saddam Hussein gestürzt und dem Land zwischen Euphrat und Tigris, wo mit Mesopotamien einst früheste Hochkulturen entstanden, die Demokratie mit Waffengewalt aufgezwungen. Vorige Woche fanden nun genau dort vorgezogene Parlamentswahlen statt. Und sie zeigen: Ganz glatt läuft das Experiment Demokratie noch lange nicht. Nur knapp 40 Prozent der Stimmberechtigten nahmen überhaupt an der Wahl teil. Und erneut haben sich ersten Teilergebnissen zufolge die großen konfessionellen Blöcke durchgesetzt. Stärkste Kraft wurde die Bewegung des einflussreichen schiitischen Geistlichen Muqtada al-Sadr. Und dennoch: Ein Schritt in die richtige Richtung könnten diese Wahlen dennoch gewesen sein.

Das liegt einerseits daran, dass die schiitische Mehrheitsbevölkerung zwar einen Schiiten zum Sieger machte, aber dieser dennoch auf Koalitionspartner angewiesen sein wird. Beobachter gehen davon aus, dass Al-Sadr nun mit Kurden und Sunniten in Gespräche treten wird. Das bedeutet, dass auch Minderheitengruppen in der Regierung vertreten sein werden. Angetreten sind auch kleinere, unabhängige Bewegungen, die Zünglein an der Waage werden könnten.

Sie haben genug

Zum anderen geht von diesem Votum eine recht klare Botschaft aus: Die Wähler stimmten zwar erneut entlang ihrer traditionellen konfessionellen Linien, aber sie wählten mit Al-Sadr jene Schiiten-Gruppe, die sich am klarsten gegen den Iran abgrenzt. Er wolle keinerlei Einmischung aus dem Ausland mehr, hatte Al-Sadr im Wahlkampf betont. Nach Jahrzehnten der Einflussnahme aus Teheran und den USA, die ihre Rivalität auch im Irak austrugen, haben die Iraker offenbar genug. So lässt sich dieser Wahlgang in dem multi-ethnischen und oft vom Zerfall bedrohten Land auch als Schritt zu mehr eigenstaatlichem Bewusstsein lesen. Die Probleme, die die neue Regierung angehen muss, sind enorm: Die Ölnation Irak steckt wegen der niedrigen Ölpreise in einer schweren Wirtschaftskrise.

Ein wichtiger Schritt

Eine ideale Demokratie ist der Irak noch lange nicht. Den vorgezogenen Wahlen gingen lange Massenproteste gegen die Korruption der Behörden voraus, bei denen hunderte Menschen ums Leben kamen. Jetzt, nach dem Wahlgang, schreien die unterlegenen pro-iranischen Gruppen lauthals "Betrug". Doch dass sie ankündigen, die Wahl anfechten zu wollen und sich mit dem Stimmverhalten der Bürger auseinandersetzen, anstatt alle Konflikte kurzerhand mit Waffengewalt auszutragen, ist immerhin ein Schritt, der zeigt, dass sie versuchen, mit dem "Zwangsgeschenk" in ihren Händen etwas anzufangen.