Nordkorea hat in der Hauptstadt Pjöngjang in den frühen Morgenstunden offenbar erneut einen militärischen Umzug veranstaltet. "Es gibt Anzeichen dafür, dass der Norden am Donnerstag eine Parade abgehalten hat", sagte ein Beamter des südkoreanischen Verteidigungsministeriums der Nachrichtenagentur AFP. "Wir beobachten die Situation genau", die genauen Umstände würden derzeit noch analysiert.

Der sichtlich abgemagerte und in westlichem Anzug gekleidete Machthaber Kim Jong-un verfolgte die Parade auf dem hell erleuchteten Kim-Il-Sung-Platz von einem Podium. Südkoreas Militär ging davon aus, dass an der jüngsten Parade des abgeschotteten Nachbarlandes im Vergleich zu den beiden vorherigen weniger Verbände teilnahmen und dass diesmal weniger Ausrüstung gezeigt wurde. Es schienen keine strategischen Waffensysteme vorgeführt worden zu sein, zitierte die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap einen Militärvertreter. Beobachter vermuteten, dass die Parade vor allem dem inneren Zusammenhalt dienen sollte.

Zuletzt hatte Nordkorea im Jänner, kurz vor der Amtseinführung von US-Präsident Joe Biden, bei einem Umzug eine selbstentwickelte U-Boot-Lenkrakete zur Schau gestellt. Experten sahen dies als Indiz dafür, dass die international isolierte und sanktionierte Führung in Pjöngjang Stärke zeigen will, ohne eine Eskalation zu riskieren.

Nordkorea hatte zuletzt 2017 einen Kernwaffentest seines Raketenprogramms durchgeführt. Die Atomgespräche, um Pjöngjang zum Abrüsten zu bewegen, liegen seit dem Gipfeltreffen von Machthaber Kim Jong-un und dem damaligen US-Präsidenten Donald Trump 2019 auf Eis.

Vergangenen Monat erklärte die UN-Atomaufsichtsbehörde (IAEA), Pjöngjang habe offenbar seinen Plutonium produzierenden Wiederaufbereitungsreaktor in Yongbyon in Betrieb genommen. Kims Schwester und wichtigste Beraterin Kim Yo-jong forderte den Abzug der US-Truppen von der Halbinsel.

Zugleich ist das Land wegen der Corona-Pandemie noch strikter von der Außenwelt abgeschottet und wirtschaftlich schwer angeschlagen. Eine Militärparade, mitten in der Nacht mit Feuerwerk, Flugshows und der Vorführung moderne Waffen biete die Gelegenheit, die Moral der Bevölkerung zu stärken, vermutete Hong Min, Nordkorea-Experte vom Nationalen Institut für die Wiedervereinigung in Seoul.