Der einen Not, der anderen Brot: Während sich in den in die rote Zone abgerutschten Mittelmeeranrainern Malta, Portugal, Spanien, Türkei und Zypern, aber auch in Griechenland seit Tagen die Gästestornos mehren, klingeln an der Adria noch die Kassen. „Kroatien ist am sichersten am Mittelmeer und die Saison bisher ausgezeichnet“, jubiliert das Webportal „index.hr“.

Tatsächlich hält der Touristenansturm an der Adria trotz europaweit steigender Infektionszahlen an. Bis zu drei Stunden lange Wartezeiten wurden am Wochenende an Kroatiens Grenzübergängen vermeldet. Zwar ist auch das Adrialand Mitte Juli von der grünen in die orange Zone gerutscht. Doch es ist die im Vergleich zu anderen Mittelmeerstaaten noch immer relativ niedrige Sieben-Tage-Inzidenz von 25,1, die sonnenhungrige Meeresjünger unverdrossen an die felsigen Küsten drängen lässt. 850.000 Touristen halten sich gegenwärtig in Kroatien auf – fast die Hälfte mehr als vor Jahresfrist im ersten Corona-Sommer. Laut Kroatiens Tourismusministerium sind die Gästezahlen im Juli bereits auf 80 Prozent des Rekordjahrs 2019 geklettert.



Doch die Corona-Sorgen wachsen. Zwar ist die Sieben-Tage-Inzidenz in den nördlichen Küstenregionen und vor allem in Istrien (1,4) unvermindert niedrig. Doch weiter im Süden ziehen die Infektionszahlen in Dalmatien kräftig an. Die Region Zadar ist mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von 102,9 bereits in die rote Zone gerutscht, Dubrovnik (91,6) könnte bald folgen. Der Kroatische Camperverband drängt schon auf schärfere Präventivmaßnahmen und härtere Sanktionen. Noch eine schlechte Saison wäre „eine wahre Katastrophe“.



Mehr als ein Fünftel von Kroatiens Sozialprodukt wird direkt im Tourismussektor erwirtschaftet. „Delta ist schon unter uns. Wir müssen vorsichtig sein“, mahnt Gesundheitsminister Vili Beros seine Landsleute zu Impfungen und der Einhaltung der Vorsichtsmaßnahmen. Denn deren Missachtung sei „der Weg in die rote Zone, der Weg zur sicheren Abreise der Touristen“.

Notbremse

Zur Rettung der Sommersaison an der Küste tritt Zagreb nun auf die Notbremse. Seit Wochenbeginn sind Menschenansammlungen von mehr als 1000 Menschen verboten und Privattreffen ohne Covid-Zertifikat nur noch bis zu 15 Personen erlaubt. Wie Kroatien haben Slowenien und Montenegro die Maßnahmen verschärft.

Nur im kleinen Küstenstaat Montenegro (Sieben-Tage-Inzidenz 69,9) wurde die Delta-Mutation bislang offiziell noch nicht festgestellt. Zwar werden im Land der Schwarzen Berge in diesem Sommer vor allem die zahlungskräftigen Touristen aus Russland vermisst. Doch nach den verheerenden Einbrüchen des Vorjahres, als die Besucherzahlen um mehr als 90 Prozent schrumpften, sind diese nicht zuletzt dank der Gäste aus den Nachbarstaaten Serbien, Albanien und Bosnien wieder auf 80 Prozent des Vorkrisenniveaus geklettert: Mit der vorläufigen Schließung von Nachtclubs und Discotheken hofft der wirtschaftlich stark angeschlagene EU-Anwärter, ein verfrühtes Ende der Saison zu vermeiden.

Wie den anderen Adria-Anrainern macht auch Slowenien (SiebenTage-Inzidenz 21,9) das zögerliche Impftempo zu schaffen. Erst 43,1 Prozent aller Slowenen haben sich zumindest einmal impfen lassen. Auch in Kroatien (39,4 Prozent) und Montenegro (26,4 Prozent) liegt die Impfquote klar unter dem EU-Durchschnitt (57,4 Prozent). Grenzüberschreitend fürchten die Epidemiologen, dass die vierte Infektionswelle den schlecht immunisierten Südosten Europas im Herbst besonders hart treffen könnte.

Seit Montag ist in Slowenien bei Besuchen von Restaurants, Hotels und selbst Glücksspiellokalen der Nachweis von Impfungen, aktuellen Tests oder einer ausgestandenen Infektion Pflicht. Sloweniens Chefepidemiologe Milan Krek rät Landsleuten in der Fremde auch zur baldigen Heimkehr: „Allen, die in ihren Urlaub im Ausland verbringen, empfehle ich eine Rückkehr bis zum 15. August.“