Es hätte ein fröhlicher Abschied werden sollen, den US-Präsident Joe Biden der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel im Weißen Haus bereitet. Nette Worte, schöne Bilder, zum Abschied ein Dinner zu ihren Ehren mit Gästen wie Hillary Clinton und Colin Powell. Doch das Extremwetter in Deutschland machte dieser Planung einen Strich durch die Rechnung. Zwar fanden sämtliche Termine wie geplant statt, doch der Starkregen in der Heimat überschattete Merkels 23. Und letzte Arbeitsvisite in Washington. Ein Treffen mit amerikanischen Wirtschaftsvertretern konnte erst mit Verzögerung beginnen, die gemeinsame Pressekonferenz von Biden und Merkel wurde mit Worten der Trauer eingeleitet, nicht mit einer Würdigung der 16jährigen Kanzlerschaft des Gastes, der seinen vierten US-Präsidenten im Oval Office besuchte. 

Trotzdem kamen die Feierlichkeiten nicht zu kurz. Zwar war ein Arbeitsbesuch angekündigt, eine lange Liste mit Themen verbreitet, über die Merkel und Biden beraten wollten, aber am Ende lag immer auch der baldige Abschied über den Terminen. Darüber konnte auf ein gemeinsames Papier, die Washington Declaration, nicht hinwegtäuschen, in dem sich die Partner ihrer wertebasierten Zusammenarbeit versicherten. Auch eine ebenfalls vereinbarte Klima- und Energiepartnerschaft der beiden Länder, sowie ein Zukunftsforum zur Ideenentwicklung wurde zwar von den beiden Staatenlenkern gelobt, über die Formulierung vager gemeinsamer Ziele gingen die Beschlüsse jedoch nicht hinaus.

Sehr langes Gespräch

Trotzdem nahmen sich Biden und Merkel Zeit füreinander. Das Vier-Augen-Gespräch zwischen Präsidenten und Kanzlerin zog sich merklich in die Länge – weit über das ursprünglich vereinbarte hinaus. Vor der Presse im East Room des Weißen Hauses versicherten sich die Partner zudem auch ihrer persönlichen Freundschaft. „Ich werde Sie auf unseren Gipfeltreffen vermissen“, so Biden zur Kanzlerin. Merkel ihrerseits lobte die freundschaftliche Atmosphäre der Gespräche – ein deutlicher Kontrast zur Beziehung der Kanzlerin zu Biden Vorgänger Donald Trump, dem die deutsche Regierungschefin in herzlicher Abneigung verbunden war.

Diese freundlichen Worte konnten jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es bei den Großkonflikten zwischen den USA und Deutschland weiter knirscht. Der Dauerkonflikt um die russische Gaspipeline Nord Stream 2 etwa, die von den Vereinigten Staaten seit Jahren vehement bekämpft wird und zeitweise sogar Sanktionen nach sich gezogen hatte, ist auch nach monatelangen Verhandlungen noch nicht beigelegt. Hinzu kommt die Verärgerung über die als zu weich wahrgenommene Haltung Berlins gegenüber China.

Doch solche Meinungsverschiedenheiten wurden – zumindest in der Öffentlichkeit – klein gehalten. Und so kam für Merkel der angenehme Teil der Visite nicht zu kurz. Frühstück mit der ersten US-Vizepräsidentin Kamala Harris und die 18. Ehrendoktorwürde, diesmal von der Johns-Hopkins-Universität, waren Teil des Programms. Zum Abschied versicherte die deutsche Kanzlerin dem Gastgeber noch einmal, wie wichtig ihr die Beziehungen zu Washington seien – trotz aller Irritationen in den vergangenen Jahren. „Ich möchte Ihnen sagen, wie sehr ich die Freundschaft zu den Vereinigten Staaten von Amerika schätze“, so Merkel im Oval Office zu Biden. „Und ich freue mich darauf, sie wieder zu vertiefen.“