"Gemeinsam. Widerstandsfähig. Europa.“ So lautet das Motto der EU-Präsidentschaft, die ab heute in den Händen Sloweniens liegt. Aus diesem Wahlspruch hat die Regierung in Laibach vier Schwerpunkte erarbeitet, die in den kommenden sechs Monaten vorangetrieben werden sollen.


Erstens soll eine Lehre aus der Corona-Krise und der damit verbundenen Schwäche der EU gezogen werden. Dazu zählt die Abhängigkeit von Importen von Arzneimitteln, sprich Impfstoff. Daher sollen Forschung, Entwicklung und Produktion in der EU vorangetrieben werden, damit die Union widerstandsfähiger und autonomer wird und auch gemeinsamer auf dem Gebiet der Gesundheit handelt, die derzeit in die Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten fällt.


Slowenien unterstützt auch die Gründung einer neuen europäischen Behörde für die Krisenvorsorge und Krisenreaktion bei gesundheitlichen Notlagen (HERA); ob allerdings ein neues „Amt“ auch mehr Effizienz bringt, bleibt abzuwarten.

Das sind die Schwerpunkte

Zu den weiteren Schwerpunkten der slowenischen Ratspräsidentschaft zählen der „grüne und der digitale Wandel, die Konferenz über die Zukunft Europas, die Förderung von Rechtsstaatlichkeit und gleichen Maßstäben für alle sowie natürlich die Erweiterung der EU; sie liegt im Falle von Albanien und Nord-Mazedonien wegen des Widerstands einzelner EU-Staaten derzeit weiterhin auf Eis.

Doch unterhalb dieser Schwelle will Slowenien die Annäherung der sechs Staaten des Westbalkans ebenso fördern wie die Zusammenarbeit der Region. Doch noch ein weiteres, in der EU strittiges Thema ist Slowenien ein Anliegen, erläutert Staatssekretär Gaspar Dovzan: „Wir werden den Erweiterungsprozess zum Westbalkan fördern, aber auch dafür sorgen, dass wir eine ehrliche Debatte haben über die Sicherung der Außengrenze und über unsere Politik zu Staaten, die im Vordergrund stehen, wenn es um Probleme mit illegaler Migration geht.“

Innenpolitisch gespalten


Das Wort „Gemeinsam“ zählt zum Motto der slowenischen EU-Präsidentschaft, doch innenpolitisch ist das Land tief gespalten. Das zeigte am 25. Juni auch die Feier zum 30. Jahrestag der Unabhängigkeit. An diesem Tag hielt die „linke Reichshälfte“ in Slowenien eine sogenannte alternative Unabhängigkeitsfeier ab. Die politisch zersplitterte Linke eint insbesondere das Feindbild des konservativen Ministerpräsidenten Janez Jansa,dem sie unter anderem politische Umfärbung der Institutionen, der Justiz, der Polizei und der Medien, Intoleranz und Populismus vorwirft.

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Zu den Kritikpunkten der Linken zählt natürlich die politische und offensichtlich auch persönliche Nähe zwischen Janez Jansa und dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban; er trat auch bei der offiziellen Feier zu 30 Jahren Unabhängigkeit auf, die unter der Regie von Jansa am Platz der Republik vor dem Parlament in Laibach stattfand. Doch innenpolitisch unterscheiden sich Ungarn und Slowenien fundamental. In Budapest regiert Orban absolut, in Laibach führt Jansa eine Minderheitsregierung, und auch das nur, weil die linke Koalition unter Marjan Sarec vor mehr als einem Jahr zerfallen ist und sich kleinere Parteien aus dieser Konkursmasse aus der Angst vor Neuwahlen zu einer Koalition mit Jansa entschlossen. Jansa ist somit zum dritten Mal Regierungschef, doch in 30 Jahren war er mit Unterbrechungen und einer Gefängnisstrafe wegen Korruptionsvorwürfen in sehr fragwürdigen Verfahren nur insgesamt acht Jahre an der Macht.

Slowenien war bis zum Beitritt zur EU und zur Nato im Jahre 2004 politisch von einem Konsens aller Lager geprägt. Dieser Konsens ging schon lange verloren, doch während die Linke gespalten ist, dominiert Janez Jansa die konservative Seite des politischen Spektrums. Wahrscheinlich ist, dass unter seiner Führung die Minderheitsregierung bis zum Ende der EU-Ratspräsidentschaft durchhalten wird, doch eine Garantie dafür gibt es in Slowenien nicht, wo die nächsten regulären Wahlen im kommenden Jahr stattfinden sollen.