Die EU-Außenminister haben sich auf weitreichende Wirtschaftssanktionen gegen Weißrusslan) verständigt. Bei einem Treffen am Montag in Luxemburg wurde ein entsprechender Vorschlag angenommen, wie Diplomaten der Nachrichtenagentur dpa mitteilten. Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) hatte zuvor einen Medienbericht, wonach Österreich die Wirtschaftssanktionen blockierte, zurückgewiesen.

"Wir müssen nach dieser kaltschnäuzig Aktion einer staatlichen Luftpiraterie die Daumenschrauben eindeutig anziehen, aber wir wollen auch nicht die Menschen in Weißrussland, in Belarus bestrafen", bekräftigte Schallenberg vor dem Treffen mit seinen EU-Amtskollegen in Luxemburg. "Wir haben nie Widerstand geleistet, das ist eine völlige Fehlmeldung. Das war ganz klar, der Europäische Rat hat im Mai beschlossen, dass es Wirtschaftssanktionen gibt", sagte der Außenminister. Es sei ein ganz "normaler Verhandlungsprozess" gewesen, an dem sich auch andere Staaten wie Deutschland und Frankreich beteiligt haben. Schallenberg betonte auch, Österreich "gehört vielleicht zu jenen Staaten, die am meisten investieren in den Dialog mit der Zivilgesellschaft". Schallenberg traf auch die belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja.

Schallenberg weist Vorwürfe zurück

Das Nachrichtenportal Politico hatte vergangene Woche unter Berufung auf drei EU-Diplomaten berichtet, Österreich sei bei einer relevanten Arbeitssitzung am Mittwoch bei Restriktionen im Finanzbereich auf die "Bremse gestiegen". Wien habe wegen des starken Engagements seiner Banken in Belarus Bedenken, meldete die Nachrichtenagentur AFP mit Verweis auf EU-Diplomaten. Österreich zählt in dem osteuropäischen Land zu den größten Investoren hinter Russland, das liegt vor allem am Engagement der Raiffeisen Bank International (RBI) und von A1.

Sanktionen müssten "möglichst zielgerichtet" sein und "die treffen, die wir treffen wollen", nicht "etwa Kredite im Privatbereich, klein- und mittelständische Unternehmen oder die Zivilgesellschaft", so Schallenberg weiter. Er verwies außerdem darauf, dass Sanktionen beim Europäischen Gericht eingeklagt werden können, deshalb müssten sie "wasserdicht" und "begründet" sein.

Wie sollen die Sanktionen wirken

Die Außenminister der EU-Staaten zurrten am Montag ein umfangreiches neues Sanktionspaket gegen Unterstützer des belarussischen Staatschefs Alexander Lukaschenko fest. Der Beschluss der Wirtschaftssanktionen soll in den kommenden Tagen umgesetzt werden. Die Strafmaßnahmen werden unter anderem die Kali- und Düngemittelindustrie sowie Mineralölunternehmen und den Finanzdienstleistungssektor des Landes treffen. Eine zuvor in Brüssel erzielte Einigung sieht vor, gegen 78 Personen EU-Einreiseverbote zu verhängen und in der EU vorhandene Vermögenswerte einzufrieren. Betroffen sind auch Belarussen, die für die erzwungene Landung eines Ryanair-Flugzeugs und die Festnahme des regierungskritischen Bloggers Roman Protassewitsch Ende Mai verantwortlich gemacht werden.

Die neuen Strafmaßnahmen treffen das Regime Lukaschenko "massiv" , wie der deutsche Außenministers Heiko Maas laut Nachrichtenagentur Reuters vor den Beratungen erklärte. "Wir wollen auf die Art und Weise einen Teil dazu beitragen, dass dieses Regime finanziell ausgetrocknet wird, und das ist auch noch nicht das Ende der Fahnenstange", betonte Maas. "Das sind Maßnahmen, die Belarus ... massiv treffen werden, und genau das ist auch das Ziel dieser Sanktionen." Einige EU-Staaten wie etwa Österreich, aber auch Deutschland seien von den Maßnahmen selbst betroffen. Insofern sei es eine "große Leistung", dass diese neue Sanktionen nun umgesetzt würden.

Mit dem neuen Sanktionspaket reagiert die EU auf die anhaltenden Repressionen gegen die Zivilgesellschaft und die demokratische Opposition in der früheren Sowjetrepublik. Österreich stehe in Solidarität mit den demokratischen Kräften in Belarus, betonte Schallenberg am Montag. Er forderte erneut die Freilassung von Protassewitsch und anderer politischer Gefangener. Belarussische Behörden hatten für die Festnahme des regierungskritischen Bloggers eine von Athen nach Vilnius fliegende Passagiermaschine zu einer Zwischenlandung in Minsk gezwungen.