In Belarus (Weißrussland) hat das Staatsfernsehen erstmals ein langes Interview mit dem inhaftierten Regierungskritiker Roman Protassewitsch gezeigt. Der 26 Jahre alte Blogger gab in dem am späten Donnerstagabend ausgestrahlten Gespräch mit dem Sender ONT zu, Proteste gegen Machthaber Alexander Lukaschenko organisiert zu haben. Zugleich sagte Protassewitsch, dass er Lukaschenko bewundere. Mit teils zittriger Stimme erhob Protassewitsch massive Anschuldigungen gegen andere Mitglieder der belarussischen Opposition.

Misshandelt

Sehr wahrscheinlich ist, dass der Regierungskritiker unter Druck gesetzt wurde. Protassewitschs Eltern hatten bereits vor einer Woche die Vermutung geäußert, dass ihr Sohn im Gefängnis misshandelt und zu Aussagen gezwungen werde.

"Sie haben ihn gebrochen"

Der Vater des festgenommenen Bloggers erklärte jetzt, es handle sich bei dem jüngsten Interview um eine durch Folter erzwungene Aussage. "Ich kenne meinen Sohn sehr gut und ich glaube, dass er so etwas nie sagen würde", sagte Dmitri Protassewitsch. Das Video sei als Ergebnis von "Missbrauch, Folter und Drohungen" entstanden.

"Sie haben ihn gebrochen und ihn gezwungen, das zu sagen, was nötig war", sagte Protassewitschs Vater. Es schmerze ihn, das Interview zu sehen. "Ich bin sehr besorgt."

Lukaschenko hatte vor knapp zwei Wochen ein Passagierflugzeug in Minsk zur Landung gezwungen und Protassewitsch sowie dessen Freundin verhaften lassen. Der Vorfall hat den Konflikt zwischen der ehemaligen Sowjetrepublik und dem Westen verschärft.

Sanktionen

Auch US-Präsident Joe Biden hatte die erzwungene Landung einer Passagiermaschine in der weißrussischen Hauptstadt Minsk und die Festnahme eines von der Führung des Landes international gesuchten Bloggers auf das Schärfste verurteilt. Mit Blick auf Sanktionen gegen Weißrussland erklärte Biden, er habe sein Team angewiesen, "angemessene Optionen" zu entwickeln, "um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen". Die EU und die USA verhängten neue Sanktionen gegen Belarus.