Es sind Szenen der Grauens, die Augenzeugen derzeit aus dem Norden Mosambiks berichten: In den Straßen der Küstenstadt Palma liegen Tote; die verängstigten Bewohner flüchteten in einen nahegelegenen Wald, nachdem Milizen wahllos auf Menschen und Wohngebäude geschossen haben; die Stadt ist zu großen Teilen zerstört. Hunderte Mitarbeiter des nahe Palma gelegenen Gasprojekts, darunter Europäer, hatten zunächst in einem Hotel Schutz gesucht. Ihr Schicksal ist völlig unklar: Ein Militärkonvoi der Regierung sollte sie in Sicherheit bringen. Doch die Lastwägen mit den Evakuierten, unter denen sich auch ausländische Beschäftigte des vom französischen Ölriesen Total und dem US-Konzern ExxonMobil betriebenen Milliardenprojekts, befinden, gerieten offenbar in einen Hinterhalt. Der Konvoi aus 17 Lastwagen wurde angegriffen und mehrere Menschen getötet. Nur sieben Lastwagen schafften es nach Regierungsangaben aus der Kampfzone. Das Nachrichtenportal Pinnacle News zeigte Luftbilder von den liegen gebliebenen Lkws. Was aus den anderen wurde, war unklar.

Dschihadisten hatten am Mittwochnachmittag Palma in der Grenzregion zu Tansania überfallen. Der Konflikt in der Region tobt aber bereits seit drei Jahren und erreicht damit jetzt eine neue Eskalationsstufe. Letztendlich geht es um das Gasprojekt. Palma liegt in der mehrheitlich von Muslimen bewohnten Provinz Cabo Delgado. Immer wieder kommt es zu Angriffen radikalislamischer Gruppen, die mit der Terrororganisation IS in Verbindung gebracht werden. Mindestens 2.600 Menschen wurden Menschenrechtlern zufolge getötet und 670.000 in die Flucht getrieben. Immer wieder gerät die Zivilbevölkerung zwischen die Fronten.

Exekution auf dem Fußballplatz

Die Brutalität der Auseinandersetzung ist erschreckend: Enthauptungen gehören offenbar zur Vorgangsweise der Terroristen zu sein. 2020 begannen sie ganze Städte in Cabo Delgado militärisch zu erobern. Immer wieder gab es Berichte über Massentötungen, darunter die Ermordung von 52 Menschen im Dorf Xitaxi im April 2020. Im November berichteten staatliche Medien, dass mehr als 50 Menschen auf einem Fußballplatz in der Provinz enthauptet worden seien.

Die Hilfsorganisation "Save the Children" hatte erst kürzlich auf die verheerende Lage der Zivilisten verwiesen: Sogar Kinder werden Opfer von Exekutionen. Die Organisation zitiert exemplarisch den Fall einer Mutter, der Zwölfjähriger von islamistischen Aufständischen ermordet worden sei. „Wir haben versucht, in den Wald zu fliehen, aber sie haben meinen ältesten Sohn mitgenommen und ihn enthauptet“, so die 28-jährige Frau. Die UNO beschrieb die Aktionen der Militanten als „unbeschreiblich grausam“.

Söldner

Auch einer von der Zentralregierung beauftragten Söldnertruppe werden Menschenrechtsverbrechen vorgeworfen. Im Kampf gegen die Dschihadisten soll sie von Hubschraubern aus die Gegend angegriffen und dabei zahlreiche Zivilisten getötet haben. Offizielle Auskünfte zu den Geschehnissen sind allerdings rar.

Der jüngste Angriff der Islamisten gilt als Schlag ins Gesicht der Regierung in Maputo, die zuvor dem französischen Energiekonzern Total die Sicherung einer der größten Einzelinvestitionen in Afrika garantiert hatte. Erst am Tag des Überfalls hatte Total die Wiederaufnahme der Bauarbeiten für das Erdgasprojekt angekündigt, die aufgrund der unsicheren Lage ruhten.

Völlig verarmt

Die Gasvorkommen scheinen sowohl Glück und Fluch zu sein: Die Zentralregierung hofft, die Gas-Förderung könnte erheblich zur wirtschaftlichen Entwicklung des armen Landes beitragen. Zugleich gibt es Vorwürfe, die auch von Seiten der Islamisten aufgegriffen wurden, das Geld würde nur "den Bossen" zukommen und sonst niemandem. Tatsächlich ist offen, inwiefern die örtliche Bevölkerung von dem Gasprojekt profitieren würde. Die Provinz gilt als extrem verarmt. Auch von der Regierung wurde sie jahrelang vernachlässigt. Experten halten dies auch für einen der Gründe, warum sich dort die radikalislamischen Gruppen etablieren konnten.