Mehr als ein Dutzend Länder haben bereits nach Berichten über schwere Blutgerinnsel nach einer Astrazeneca-Impfung den Einsatz des Corona-Vakzins ausgesetzt. Das britisch-schwedische Pharma-Unternehmen versichert, dass es "keinerlei Beweis für ein erhöhtes Risiko einer Lungenembolie oder Thrombose" gebe. Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) rät bisher zur weiteren Nutzung. Am Dienstag befasst sich das WHO-Beratergremium zur Impfstoffsicherheit mit dem Thema.

Eine Übersicht:

Die ersten Entscheidungen zur Aussetzung der Astrazeneca-Impfungen

Dänemark setzte am Donnerstag vergangener Woche als erstes Land den Einsatz des Astrazeneca-Impfstoffs aus. Das kleine EU-Land begründete den Schritt mit "Berichten über schwere Fälle der Bildung von Blutgerinnseln". Noch am selben Tag trafen Norwegen sowie Island die gleiche Entscheidung.

Am Montag informierte Norwegen über den Tod einer unter 50 Jahre alten Pflegerin infolge einer Hirnblutung. Sie sei knapp eine Woche nach ihrer Impfung mit dem Astrazeneca-Vakzin am Donnerstag ins Krankenhaus eingeliefert worden. Am Freitag war in Norwegen bereits eine um die 30 Jahre alte Pflegerin zehn Tage nach ihrer Astrazeneca-Impfung gestorben. Ein kausaler Zusammenhang zwischen der Impfung und tödlichen Blutgerinnseln wurde bisher nicht nachgewiesen.

Weitere Entscheidungen und Verdachtsfälle

Nach den drei nordischen Ländern teilte am Freitag vergangener Woche auch Bulgarien mit, dass es vorsichtshalber den Einsatz des Astrazeneca-Impfstoffs aussetze. Das EU-Land reagierte damit auf den Tod einer kurz zuvor geimpften Frau. Die Frau hatte laut Gesundheitsministerium an Übergewicht gelitten und wegen verstopfter Koronargefäße mehrere Bypässe gelegt bekommen. Eine erste Untersuchung ergab Herzversagen als Todesursache und keinen Zusammenhang mit der Impfung.

Am Sonntag verkündeten Irland und die Niederlande ihre Entscheidung, wegen der Berichte aus Dänemark und Norwegen vorsichtshalber vorerst keinen Astrazeneca-Impfstoff mehr einzusetzen. In den Niederlanden wurden zehn Fälle gezählt, in denen es nach der Impfung zu "Thrombosen oder Embolien" gekommen war. Am Montag tat Deutschland es ihnen gleich und wie in einem Domino-Effekt folgten Frankreich, Italien, Spanien, Slowenien, Portugal und Lettland, am Dienstag weiters Schweden, Zypern und Luxemburg.

Der deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sprach von einer reinen Vorsichtsmaßnahme und begründete die Entscheidung mit neuen Meldungen von Thrombosen der Hirnvenen im zeitlichen Zusammenhang mit der Astrazeneca-Impfung in Deutschland und in Europa. Er verwies auf sieben berichtete Fälle bei bisher 1,6 Millionen Erstimpfungen mit Astrazeneca in Deutschland. Frankreichs Impfbeauftragter Alain Fischer geht davon aus, dass die Aussetzung nur vorübergehend ist. Die Zahl der Fälle von Menschen, die unerwünschte Nebenwirkungen zeigten, sei gering, sagte er dem Radiosender France Inter. Das entscheidende Element bei der Analyse sei das Abwägen von Nutzen und Risiko. Der Impfstoff der schwedisch-britischen Firma AstraZeneca sei nicht zweitklassig.

Die EU-Arzneimittelbehörde (EMA) hielt am Montag an ihrer Bewertung des Astrazeneca-Impfstoffs fest, setzte aber für Donnerstag eine Sondersitzung zu dem Vakzin an.

Verzögerte Impfstarts

Wegen der beunruhigenden Berichte über den Astrazeneca-Impfstoff verschob Thailand den Start seiner Impfkampagne, die eigentlich am Freitag hätte beginnen sollen. Auch Indonesien und die Demokratische Republik Kongo vertagten den Beginn ihrer Impfkampagnen mit Astrazeneca. Venezuelas Regierung erklärte, wegen "Komplikationen" bekomme das Astrazeneca-Vakzin keine Zulassung.

Nichtverwendung einzelner Chargen

Österreich hatte bereits am Montag vergangener Woche die Verwendung einer einzelnen Charge des Astrazeneca-Impfstoffs mit der Nummer ABV5300 gestoppt, als Reaktion auf den Tod einer 49-jährigen Krankenschwester aus Niederösterreich, bei der ein paar Tage nach ihrer Impfung schwere Gerinnungsstörungen aufgetreten waren. Das Nationale Impfgremium sprach Montagabend eine vorläufig Empfehlung für die weitere Verwendung aus, die Experten debattierten aber auch am Dienstag noch das weitere Vorgehen. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) pocht auf eine klare Stellungnahme der europäischen Behörden für ein gemeinsames gesamteuropäisches Vorgehen.

Auch Estland, Lettland, Litauen sowie Luxemburg setzten die Verwendung des Impfstoffs aus dieser Charge aus, die in Österreich nicht mehr verwendet wird und deren eine Million Dosen in insgesamt 17 europäische Länder geliefert worden waren. Italien untersagte am Donnerstag vorsichtshalber die Verwendung einer anderen Charge mit der Nummer ABV2856. Auch Rumänien blockte Impfstoff dieser Charge. Die nordwestitalienische Region Piemont hatte am Sonntag die Impfungen mit dem Astrazeneca-Präparat nach dem Tod eines Lehrers ausgesetzt. Später nahm sie die Impfungen mit dem Astrazeneca-Vakzin wieder auf, schloss aber Dosen der Charge ABV5811 aus.