Dubai wirkt wie das perfekte Urlaubsglück. Die Skyline mit dem höchsten Gebäude der Welt ist der lebendig gewordene Laptop-Hintergrund. Die weißen Strände mit ihren luxuriösen Hotelanlagen und dem ewig warmen Badewetter lassen schnell vergessen, was hinter den Glitzerfassaden in dem absolutistischen Golfstaat steckt.

So entlarvte jüngst der deutsche Satiriker Jan Böhmermann in seiner Sendung „ZDF Magazin Royal“ den Influencer-Hotspot Dubai, der aktuell viele einflussreiche Internet-Darsteller anzieht. Diese wähnten sich in einem Paradies, überblicken aber in ihrer Einfalt nicht den schmutzigen Deal, den sie mit ihrem Auswandern in den „Unrechtsstaat“ eingingen, so der Tenor des Beitrags im Magazin.

Naive Influencer

Die Internetstars zahlen – wie in Dubai üblich – keine Steuern, prahlen in ihren Beiträgen mit Geschenken, staatlichem Taschengeld und anderen Annehmlichkeiten und liefern dafür nur wohlfeile Beiträge über Instagram und Co. Beispiele lassen sich auf den Accounts in den sozialen Medien, die zum Teil mehrere Millionen Anhänger haben, vielfach finden. Dafür mussten sie sich aber für eine Influencer-Lizenz der Regierungsbehörde National Media Council bewerben, die ihnen kritische Berichte über Dubai und das Herrscherhaus untersagt. So steht es in den Bedingungen, die für jeden Bewerber einsehbar sind.

Und die Zensur in den Emiraten ist streng, wie schon etliche Besucher spüren mussten und wie umfangreiche Warnhinweise für Reisende durch das Außenministerium belegen. Die Strafverfolgung für unsittliche – bei uns meist selbstverständliche – Handlungen sind massiv, nicht nur für normale Urlauber oder emigrierte Arbeitskräfte. „Die Vereinigten Arabischen Emirate haben die digitale Überwachung von Journalistinnen und Journalisten perfektioniert“, heißt es von der internationalen Nichtregierungsorganisation „Reporter ohne Grenzen“. Viele würden aufgrund eines seit 2012 geltenden Gesetzes gegen Internetkriminalität bestraft, beschreibt die NGO das Vorgehen der totalitären Regierung in den Emiraten, in dem neben dem Herrscherhaus von Abu Dhabi vor allem das Haus Al Maktum aus Dubai den Ton angibt.

Gefährdete Reporter

Zu den zentralen Vorwürfen gegen einheimische und ausländische Journalisten zählten laut „Reporter ohne Grenzen“ vor allem „Verleumdung, Verunglimpfung des Staates oder die Verbreitung falscher Informationen, um den Ruf des Landes zu schädigen“. Selbst geringste Kritik an der Regierung führten zu Strafverfolgung, langen Haftstrafen und Misshandlung im Gefängnis.

Dass das Staatsoberhaupt selbst vor der eigenen Familie nicht zurückschreckt, zeigt das aktuelle Drama um Prinzessin Latifa bint Mohammed Al Maktum, eine von mindestens 23 Töchtern des Emirs von Dubai. Schon im Februar 2020 machte ein Gericht in London den 71-jährigen Scheich Mohammed bin Raschid Al Maktum für die Entführung zweier seiner Töchter und die Einschüchterung einer seiner Ehefrauen verantwortlich. Prinzessin Schamsa, die Schwester von Latifa, wurde bereits 2000 in Cambridge entführt und nach Dubai gebracht.

Hilferuf aus der Familie

Vorige Woche veröffentlichte der britische Sender BBC einen Hilferuf per Video, wo die 25-jährige Latifa über ihre Entführung im März 2018, die Haft im Haus des Vaters und auch Folter spricht, für die ihr Vater vom High Court in London in Abwesenheit verurteilt wurde. Die Vereinten Nationen gehen inzwischen den Vorwürfen in dem Video nach. Das Büro des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte hat die Emirate gebeten, ein Lebenszeichen der Prinzessin zu übermitteln.
Aus dem Haus Al Maktum kam daraufhin eine eigenwillige Stellungnahme: „Als Antwort auf Medienberichte über Prinzessin Latifa möchten wir uns bei denen bedanken, die sich besorgt über ihr Wohlergehen geäußert haben – trotz der Berichterstattung, die sicherlich nicht die tatsächliche Position widerspiegelt“, heißt es in dem Schriftstück. „Ihre Familie hat bestätigt, dass Ihre Hoheit zu Hause betreut wird, unterstützt von ihrer Familie und medizinischen Fachkräften.“

Schon früher hat das dubiose Freiheitsverständnis des Emirs oft für Schlagzeilen gesorgt. Zuletzt brachte der Bau der Expo 2020, die wegen der Corona-Pandemie verschoben werden musste, die Politik Dubais in Verruf. 85 Prozent der Einwohner Dubais sind ausländische Gastarbeiter, die meisten stammen aus Indien, Bangladesch und Pakistan, die unter unsäglichen Bedingungen und für Hungerlöhne arbeiten müssen und jederzeit ausgewiesen werden können. Menschenrechtsorganisationen sprechen seit Jahren von moderner Sklavenhaltung. Ausgebeutete, die in den vergangenen Jahren eine Glitzerwelt erschufen, selbst aber fernab in Containersiedlungen in der Wüste leben. Man sieht die Schlafstätten gut von der Straße aus bei einem Wüstentrip. Dort ist die dreckige Seite der Glitzerwelt für jeden Besucher sichtbar – wenn man denn hinschauen mag.