Das Team der Ankläger aus dem US-Repräsentantenhaus hatte über zwei Tage verteilt insgesamt 16 Stunden Zeit, die Argumente in dem Amtsenthebungs-Prozess gegen den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump vorzutragen, dem die "Anstiftung zum Aufruhr" am 6. Jänner in Washington vorgeworfen wird. Jetzt bekommen Trumps Verteidiger das gleiche Zeitkontingent, um ihre Argumente darzulegen. Der Sender CNN berichtete unter Berufung auf nicht näher genannte Quellen, Trumps Anwälte wollten nur einen Tag für ihre Präsentation in Anspruch nehmen. Daher wäre es denkbar, dass das Verfahren bereits am Wochenende oder zu Beginn der kommenden Woche enden dürfte.

Der Senat in Washington hatte das Verfahren am Dienstag mit einer Debatte über die Verfassungsmäßigkeit des Prozesses gestartet. Trumps Verteidiger argumentierten, das Verfahren im Senat sei verfassungswidrig, weil es sich gegen eine Privatperson richte. Trump war am 20. Jänner mit Bidens Vereidigung aus dem Amt ausgeschieden. Doch der Anfang der Verteidigung war ein glatter Fehlstart. Eine Bruchlandung.

Bruce Castor
Bruce Castor © AP

Der Chef-Verteidiger Trumps, Bruce Castor, hatte einen bemerkenswert unprofessionellen ersten Auftritt vor dem Senat. Während die Anklagevertreter mit einem 13-minütigen Video des Sturms auf das Kapitol Eindruck machten, sorgte Trumps Anwalt für Kopfschütteln. So sagte er etwa: "Mein Name ist Bruce Castor. Ich bin der Hauptankläger...", da stockte er, weil er sich verhaspelt hatte, "der Hauptanwalt für den 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten."

CNN berichtete später, Donald Trump solle in Florida getobt haben, als er den Auftritt seines Anwalts im Fernsehen beobachtete. Trump habe "fast geschrien", hieß es im Sender. Dem Amtsenthebungsverfahren gegen den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump hatte Anwalt Bruce Castor in der Tat wenig Konkretes entgegenzuhalten.

Der republikanische Senator Bill Cassidy wechselte nach Castors Einstieg auch gleich die Seiten. Die Demokraten hätten "stärkere Argumente vorgebracht" als das Team des Ex-Präsidenten, twitterte Cassidy.

Castor, ein ehemaliger Staatsanwalt aus Pennsylvania, der kurzzeitig als stellvertretender Generalstaatsanwalt des Bundesstaates diente, sorgte bei Medienexperten für Verwirrung: Wie konnte er nur so schwache Argumente gegen die Anklage hervorbringen, die Trump vorwirft, er habe den Mob angestachelt am 6. Jänner das US-Kapitol zu stürmen?

Rechtsanwalt Alan Dershowitz, der Trump im ersten Impeachment-Verfahren verteidigte, sagte im Kabelnachrichtensender Newsmax über Castor: "Ich habe keine Ahnung, was er tut. Ich habe keine Ahnung, warum er sagt, was er sagt."

Dabei ist der 59-jährige Castor eigentlich ein Spezialist für knifflige Fälle.

Castor lehnte es allerdings ab, Sitcom-Star Bill Cosby wegen sexueller Übergriffe strafrechtlich zu verfolgen, nachdem Andrea Constand, eine von Cosbys Anklägerinnen, im Jahr 2005 zur Polizei ging und Cosby anzeigte. Castor entschied, dass es "nicht genügend glaubwürdige und zulässige Beweise" gab, um Cosby strafrechtlich zu verfolgen. Andere Staatsanwälte aus Montgomery County kamen mehr als ein Jahrzehnt später zu einem anderen Schluss, und Cosby wurde 2018 schließlich auch verurteilt, weil er Andrea Constand im Jahr 2004 unter Drogen gesetzt und vergewaltigt hatte. Cosby wurde übrigens von 60 Frauen des sexuellen Missbrauchs bzw. der Vergewaltigung beschuldigt, belangt werden konnte er dafür aber nicht mehr, denn nur Constands Fall war noch nicht verjährt. Die  Akte Cosby wurde Castor so schnell nicht mehr los. 

Bruce Castor gilt als aggressiver und aufbrausender Anwalt. Er trägt gern Nadelstreifen-Anzüge und sucht das Rampenlicht. Aber nicht in Bezug auf die Cosby-Sache. Als Bill Cosby 2015 verurteilt wurde, postete Castor auf Facebook, dass ein Reporter direkt zu ihm nach Hause gekommen sei um von ihm eine Reaktion einzuholen. "Dieser Reporter wird nie erfahren, in welcher Gefahr er sich befand", schrieb Castor. " ... Ich habe alles gesagt, was über diesen Fall gesagt werden muss. Also, Reporter:Ziehen Sie es nie in Erwägung, uneingeladen zu unserem Haus zu kommen, besonders unter der Arbeitswoche, wenn meine Frau allein zu Hause ist, abgesehen von Herrn Ruger." Ruger ist ein amerikanischer Waffenhersteller. Es gab einen Aufschrei nach diesem Facebook-Eintrag. Castor deaktivierte daraufhin sein Facebook-und Twitterkonto.