Das diesbezügliche umstrittene Gerichtsurteil vom 22. Oktober wird im Amtsblatt veröffentlicht, vermeldete die Nachrichtenagentur PAP mit Berufung auf die Regierung. Am Abend begannen erneute Protestkundgebungen gegen die Verschärfung des Abtreibungsrechts.

Entgegen den Gepflogenheiten war die Entscheidung des Verfassungsgerichts bisher nicht im amtlichen Anzeiger veröffentlicht worden. Mit der Veröffentlichung hat die Entscheidung offiziell Gültigkeit.

Keine Abtreibung mehr bei schwerer Behinderung

Polen hat eines der strengsten Abtreibungsgesetze Europas. Bisher waren Abtreibungen im Fall von Inzest oder Vergewaltigung, eine Gefahr für Gesundheit oder Leben der Mutter sowie bei einer schweren Behinderung des Kindes erlaubt. Diese letzte Ausnahme wurde vom Verfassungsgericht mit dem Urteil aufgehoben. Der Spruch rief im Herbst heftige Massenproteste hervor, die sich bald auch grundsätzlich gegen die Politik der nationalkonservativen Regierung richteten.

Eine Kundgebung vor dem Gebäude des Verfassungsgerichts in Warschau begann am Mittwochabend. Die Organisation Allpolnischer Frauenstreik (Ogólnopolski Strajk Kobiet) rief zu weiteren Aktionen in den größeren polnischen Städten auf.

Auch aus Österreich gab es Proteste gegen das Urteil des Verfassungsgerichts. "Die polnische Regierung zieht ohne Rücksicht auf Frauenleben ihre Linie durch und verbietet Abtreibungen de facto völlig", zeigt sich die Grüne Vizeklubchefin Meri Disoski in einer Aussendung vom Mittwoch empört. Monika Vana, Delegationsleiterin der Grünen im Europaparlament, forderte ihrerseits: "Die EU-Kommission muss endlich das Vertragsverletzungsverfahren wegen der politischen Justizreform vorantreiben. Wir können nicht dulden, dass ein derartig politisch vereinnahmtes 'Verfassungsgericht' das frauenfeindliche politische Programm der Regierung umsetzt."

"Schlimmer Angriff auf Frauenrechte"

Auch die Vorsitzende der SPÖ-Frauen, Gabriele Heinisch-Hosek, meldete sich zu Wort: "Diesen schlimmen Angriff auf Frauenrechte dürfen wir in Europa nicht hinnehmen! Ich erwarte mir daher einen öffentlichen Protest der österreichischen Bundesregierung, insbesondere der Frauenministerin", so Heinisch-Hoseks Appell an Susanne Raab (ÖVP) in einer Aussendung.