Nach Tagen der politischen Unruhe hat Peru einen neuen Staatschef. Der Mitte-Rechts-Politiker Francisco Sagasti legte im Kongress in Lima seinen Amtseid ab. Damit ist der 76-Jährige der dritte Präsident des südamerikanischen Landes innerhalb von etwas mehr als einer Woche. Als Übergangsstaatschef soll er die Amtsgeschäfte bis zur Wahl im kommenden Jahr führen.

Nach den jüngsten Turbulenzen muss Sagasti vor allem das Vertrauen in die Politik wiederherstellen. "Wir werden unser Möglichstes tun, nicht nur, um das Vertrauen der Bürger zu gewinnen, sondern auch, um ihnen die Hoffnung auf ein besseres Peru zurückzugeben", sagte Sagasti nach seiner Vereidigung. Er versprach eine transparente Regierungsführung, Investitionen in Bildung, ein entschlossenes Vorgehen gegen die weit verbreitete Korruption und mehr Anstrengungen im Kampf gegen den Hunger.

Zuletzt stand der Andenstaat zeitweise ohne Staatschef da. Der Kongress hatte Präsident Martin Vizcarra am Montag vergangener Woche wegen Korruptionsvorwürfen des Amtes enthoben. Daraufhin übernahm Parlamentspräsident Manuel Merino kommissarisch die Amtsgeschäfte. Nach heftigen Protesten und Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei mit mindestens zwei Toten und zahlreichen Verletzten trat Merino am Sonntag aber zurück und stürzte Peru damit in eine schwere Regierungskrise.

Höchste Sterblichkeitsrate in der Coronakrise weltweit

Das Machtvakuum traf das Land zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt. Peru hat in der Corona-Krise eine der höchsten Sterblichkeitsraten weltweit. Zudem leidet es extrem unter den wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie. Der Internationale Währungsfonds (IWF) rechnet für das laufende Jahr mit einem Rückgang der Wirtschaftskraft um 13,9 Prozent.

Francisco Sagasti machte seinen Ingenieursabschluss an der National Engineering University in Lima, Peru, einen Master in Wirtschaftsingenieurwesen an der University of Pennsylvania, wo er auch seinen Doktor in Sozialsystemwissenschaften dranhängte. Er war Gastprofessor in Madrid, in den USA und in Costa Rica.

Francisco Sagasti war außerdem für die Vereinten Nationen, die Weltbank und die Organisation Amerikanischer Staaten als Berater tätig. 1996 war er bei der Besetzung der japanischen Botschaft in Lima durch die Guerillaorganisation MRTA unter den Geiseln. Er kam nach zwei Tagen frei. In dem Jahr zog er erstmals in den Kongress ein.

Der 1944 geborene Sagasti ist der Enkel des peruanischen Nationalhelden Francisco Sagasti Saldaña, der 1879 im "Salpeterkrieg" siegreich aus der Schlacht von Tarapacá hervorging. Die Familie seiner Mutter Elsa Hochhausler Reinisch wanderte aus Österreich aus und ließ sich in Chile nieder.

In den Mittelpunkt seiner voraussichtlich bis Juli kommenden Jahres dauernden Amtszeit will Sagasti nun den Kampf gegen die Corona-Pandemie und die Stärkung der Wirtschaft stellen.

Seine dringendste Aufgabe aber dürfte sein, das Vertrauen in die Politik wiederherzustellen. Vor allem die Kongressabgeordneten in Peru gelten als überaus korrupt, gegen etwa die Hälfte der Parlamentarier wird wegen verschiedener Vergehen ermittelt. Aber auch gegen praktisch alle Ex-Präsidenten der vergangenen Jahre laufen Untersuchungen.

In seiner Antrittsrede wandte sich der neue Präsident auch an die Familien der Opfer der jüngsten Proteste. "Im Namen des Staates bitte ich die Angehörigen um Verzeihung", sagte er. "Wir können sie nicht wieder lebendig machen, aber wir können dafür sorgen, dass so etwas nicht noch einmal passiert."