Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) reiste am Dienstag für ein Treffen mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron nach Paris. Nach einem Arbeitsgespräch im Elyseé-Palast konferierten Kurz und Macron gemeinsam mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident Charles Michel per Video und berieten sich über die Reaktion auf die jüngsten islamistischen Terroranschläge in Frankreich, Österreich und Deutschland.

"Die Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus betrifft uns alle in Europa, wie man zuletzt auch bei den Anschlägen in Frankreich gesehen hat sowie zuvor in vielen anderen europäischen Ländern", erklärte Kurz. "Wir müssen mit aller Härte gegen islamistische Gefährder sowie die dahinterstehende Ideologie vorgehen."

Sebastian Kurz bedankte sich bei den anderen Ländern für die Solidaritätsbekundungen und Unterstützungsangebote nach dem Anschlag in Wien. Drei Punkte sind ihm besonders wichtig:

  • Maßnahmen gegen die Gefährder, die aus dem IS-Krieg zurückgekehrt oder schon auf dem Weg dorthin abgefangen worden seien und nach ihrem Gefängnisaufenthalt bereits entlassen wurden oder auf dem Weg zur Entlassung seien: "Das sind tickende Zeitbomben. Wenn wir unsere Freiheiten schützen wollen, müssen wir die Freiheiten dieser Gefährder einschränken." Es brauche "ein robusteres Vorgehen" in ganz Europa gegenüber diesen Menschen, diese seien "eine Gefahr für uns alle".
  • Der Schutz der Außengrenzen, sowohl in Bezug auf die aktuellen Sicherheitsfragen als auch in Bezug auf die Migration. "Wir müssen wissen: Wer ist überhaupt in Europa? Wer reist wieder aus?"
  • Und der Kampf gegen die ideologische Basis des Terrorismus, gegen den Islamismus, inklusive der dahinterstehenden Fragen der Organisation, teils in dubiosen Vereinen, und der Finanzierung.

Emmanuel Macron erklärte, man werde

  • sich über Behörden und Geheimdienste noch intensiver austauschen als bisher, um gegen Radikalisierungstendenzen anzukämpfen,
  • Schlupfwinkel im Internet, über die sich die Hassbotschaften verbreiteten, schließen und Ende Dezember jene die DAS-Richtlinie verabschieden, die es ermöglichen soll, terroristische Inhalte binnen einer Stunde aus dem Netz zu löschen,
  • und an einer Reform der Schengenregeln arbeiten, die gewährleiste, dass die Außengrenzen entsprechend geschützt werden, um nach innen hin die Freizügigkeit zu erhalten.

"Ein Versuch, Angst zu säen"

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel betonte, dass die verbliebene Zeit der deutschen Ratspräsidentschaft noch intensiv diesem Thema gewidmet werden soll. Schon am Freitag werden auch die europäischen Innenminister die Maßnahmen gegen den Terror auf der Agenda haben. Im Dezember kommt das Thema auf die Tagesordnung des Europäischen Rates. Die jüngsten Anschläge seien "ein Versuch, Angst zu säen", dem Europa mit "entschlossenem Eintreten für unsere demokratische Grundordnung" begegne. Merkel unterstrich: "Es geht hier nicht um eine Auseinandersetzung zwischen dem Islam und dem Christentum, sondern um antidemokratisches Verhalten, mit dem wir uns auseinandersetzen müssen, mit Aufrichtigkeit und Stärke."

Das Entry-Exit-System im Schengenraum werde 2022 fertig sein, die Einbeziehung der Länder im visa-freien Raum folge 2023. Sie begrüße es, dass die EU-Kommission es sich zum Anliegen mache, den Schengen-Raum auf sein Funktionieren hin zu überprüfen.

Was Merkel auch wichtig ist: "Wie gehen wir mit Menschen anderer Religionen in unseren Ländern um?" In Deutschland suche man ganz bewusst den Kontakt zu islamischen Organisationen, um einerseits Leitlinien für den Umgang mit Migranten zu etablieren und andererseits darauf hinzuarbeiten, dass Imame in Europa ausgebildet werden, "dass wir das selber machen", wie es zuletzt auch der belgische Premier Charles Michel urgiert habe.

Nach dem Anschlag in Wien war laut Bundeskanzleramt ein persönliches Treffen zwischen Macron und Kurz vereinbart worden. Ein ursprünglich avisierter Besuch des französischen Präsidenten wurde wegen der Corona-Pandemie aber kurzfristig verschoben. Nach den jüngsten Attentaten in Dresden, Frankreich und Wien hatte es Forderungen nach einer besseren Koordination innerhalb Europas beim Kampf gegen den Terror gegeben.