Im Kampf gegen das Coronavirus greift das deutsche Bundesland Bayern wegen ungebremster Infektionszahlen im Kreis Berchtesgadener Land zu drastischen Maßnahmen. Von heute an ab 14 Uhr gelten im Landkreis an der österreichischen Grenze zu Salzburg die ersten deutschen Ausgangsbeschränkungen seit dem nationalen Lockdown im Frühjahr.

Die Menschen dürfen die eigene Wohnung dann nur noch aus triftigen Gründen verlassen. Schulen, Kitas, Freizeiteinrichtungen und Restaurants müssen schließen, Veranstaltungen werden untersagt. Nur Gottesdienste seien davon ausgenommen, sagte Landrat Bernhard Kern (CSU). Der Besuch von Krankenhäusern und Reha-Kliniken ist ebenfalls untersagt. Ausgenommen hiervon sind Geburts- und Palliativstationen, sowie Hospize.

Der Landkreis lag bei der sogenannten Sieben-Tage-Inzidenz - die Zahl der Corona-Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen - am Montagabend bei 272,8. Das ist bundesweiter Spitzenwert. Die Beschränkungen gelten vorerst für 14 Tage.

Bayern überdenkt Maßnahmen

Die bayerische Regierung mit Ministerpräsident Markus Söder (CSU) an der Spitze will sich heute erneut mit dem Kampf gegen die Pandemie beschäftigen. Insgesamt wurden kritische Corona-Werte zuletzt in mehr als der Hälfte des Freistaats überschritten. 57 Landkreise und kreisfreie Städte lagen über der Marke von 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen, 29 davon sogar über der 50er-Marke.

In Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen-Anhalt wollen die Regierungen am Dienstag beraten, wie die neuen Schutzvorkehrungen für Regionen mit vielen Neuinfektionen im jeweiligen Bundesland umgesetzt werden sollen.

Bund und Länder hatten sich in der Vorwoche auf einheitliche Regeln verständigt, um den zuletzt starken Anstieg zu dämpfen. Dazu gehören, je nach Lage, eine Ausweitung der Maskenpflicht, eine Begrenzung der Gästezahl bei privaten Feiern und Sperrstunden für die Gastronomie. In Brandenburg soll zudem das Beherbergungsverbot für Menschen aus Corona-Risikogebieten von Dienstag an nicht mehr gelten.

Unklare Ursache

„Schnell steigende Corona-Zahlen ohne offensichtliche klare Infektionsherde erfordern ein schnelles Durchgreifen“, teilte die bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) am Dienstag in München mit. Das öffentliche Leben müsse heruntergefahren werden. „Anders geht es nicht“, sagte Söder. Die Kontakte der Infizierten könnten dort nicht mehr verfolgt werden, betonte Ministerpräsident Markus Söder (CSU). „Also müssen Kontakte fundamental beschränkt werden“, sagte er. Es werde sehr konsequent und sehr deutlich reagiert werden. „Es wird das härteste Protokoll sein, dass wir jetzt an der Stelle haben werden.“

Der Landkreis ist mit einer Bevölkerungsdichte von 126 pro Quadratkilometer im Vergleich zum restlichen Bundesland dünn besiedelt. Wie es zu der Infektionswelle kommen konnte, ist nicht genau geklärt. „Ausgangspunkt war auch wieder eine entsprechende Party“, sagte Söder bereits am Vorabend bei der Vorstellung der Maßnahmen. Möglicherweise kommen aber weitere Infektionsherde infrage. Auch die Nähe zu Österreich dränge zu einschneidenden Maßnahmen, sagte der Ministerpräsident bei der Pressekonferenz in München. Wenn jetzt nicht konsequent gehandelt würde, sei die hohe Zahl nicht mehr zu reduzieren.