In Slowenien hat die Corona-Krise die Wirtschaft stark getroffen. Wie beurteilen Sie die Folgen, welche Maßnahmen plant Ihre Regierung, was bleibt auf EU-Ebene zu tun?

Janez Jansa: Die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie für Slowenien liegen etwa im europäischen Durchschnitt. Die slowenische Wirtschaft ist zu fast 80 Prozent eingebettet in die europäische Wirtschaft. Knirscht es daher auf dem europäischen Markt, knirscht es auch in Slowenien, obwohl wir zu den wenigen Staaten gezählt haben, die in der Zeit der Pandemie die industrielle Produktion geschlossen haben. Dieser Sektor hat sich sehr gut organisiert. Für die Zukunft ist nicht nur sehr wichtig, was wir tun, sondern auch, was andere EU-Staaten tun werden.

Ihnen werden besonders enge Beziehungen zu Ungarns Premier Viktor Orbán nachgesagt. Außerdem arbeitet Slowenien im Rahmen der EU eng mit der Visegrad-Gruppe zusammen, der neben Ungarn auch Polen, Tschechien und die Slowakei angehören. Sind das Ihre wichtigsten Ansprechpartner innerhalb der EU?

Slowenien teilt andere Mitgliedstaaten der EU nicht in erste oder zweite Klasse ein. Dies würde unseren Interessen sowie dem Geist des Vertrags von Lissabon zuwiderlaufen. Es ist jedoch richtig, dass Sie beispielsweise in außergewöhnlichen Zeiten wie der Zeit der Epidemie im Frühjahr genau wissen, auf wen Sie sich mehr verlassen können und mit wem Sie weniger zusammenarbeiten müssen. Wenn wir jetzt über die Zeit der Epidemie sprechen, dann sah Europa nach einigen Wochen so aus wie im Mittelalter – mit Blockaden, einem Ausnahmezustand in einigen Ländern, Kolonnen an den Grenzen; daher war klar, dass wir zuerst mit Nachbarn zusammenarbeiten müssen.



Beim internationalen Forum in Bled gab es jüngst eine Podiumsdiskussion mit mehreren Regierungschefs aus der EU. Dabei hat Viktor Orban gesagt, dass der EU jede sogenannte „Hard-Power“, also militärische Kapazität zur Durchsetzung ihrer Interessen, fehle. Die EU verliere daher weltweit an Bedeutung. Slowenien übernimmt im Juli nächsten Jahres die EU-Präsidentschaft. Teilen Sie Orbans Einschätzung?

Im globalen Sinne hat die EU immer noch eine extrem große Anziehungskraft als Soft Power, weil die EU der Raum ist, den ein großen Teil der übrigen Welt als Ort des Wohlstands betrachtet; ein Ort, wo man leben will, was teilweise der Grund für einen solchen Zustrom illegaler Migration ist. Die EU hat somit Soft Power, doch Hard Power, echte Macht oder echte Einflussmöglichkeiten im Falle von Konflikten in unserer Nachbarschaft fehlen. Da ist die Situation natürlich so, wie Viktor Orbán es beschrieben hat. Dies gilt insbesondere nach dem Brexit, nachdem mit Großbritannien ein Mitglied des UN-Sicherheitsrates, eine Atommacht, die EU verlassen hat.

Halten Sie das für ein großes Problem?

Ich denke, das ist ein großes Vakuum für Europa. Europa muss in der Lage sein, die Sicherheit in seiner Nachbarschaft zu gewährleisten, sonst wird es ständig illegaler Migration und anderen Belastungen ausgesetzt sein. Wir sind nicht in der Lage, gescheiterte Länder im Mittelmeerraum zu stabilisieren, obwohl dies unser Hinterhof ist. Man kann sich fragen, ob die EU eine eigene Armee braucht oder nicht. Doch auf jeden Fall braucht die EU Hard Power, sonst wird sie in den nächsten zehn Jahren in der globalen Welt keinerlei Einfluss mehr haben.

Ihre Regierung plant neue Mediengesetze, die das staatliche Fernsehen RTV und die Nachrichtenagentur STA betreffen. Kritiker werfen Ihnen schon lange vor, unabhängige Medien unter Ihre Kontrolle bringen zu wollen.

Das ist keine Medienreform, sondern es geht nur um einige Korrekturen der bestehenden Situation. Vorgeschlagen wird eine minimale Umverteilung der Mittel zugunsten regionaler Programme: Slowenien ist eines der am stärksten zentralisierten Länder in Europa. Diese Zentralisierung ist der Grund für das Sterben regionaler und lokaler Medien.
Ihre politischen Gegner in Slowenien und viele westliche Medien werfen Ihnen einen autoritären Führungsstil und Ihre Nähe zu Viktor Orban vor.

Was antworten Sie Ihren Kritikern?

Slowenien hat sehr ähnliche Probleme wie andere postkommunistische Länder. In Slowenien haben wir lange über diese Zeit des Übergangs gesprochen. Wir waren davon überzeugt, dass der Beitritt zu EU und Nato diesen Übergang vollenden würde. Leider war dem nicht so. Es sind noch viele Probleme offen. Trotzdem lösen wir sie in einem anderen, im zivilisierteren Rahmen innerhalb der Europäischen Union. Jene, die keine Veränderung wollen, um ein Monopol aufrechtzuerhalten, rufen die europäischen Institutionen zur Hilfe. Diejenigen, die die innenpolitische Situation in Laibach beurteilen wollen, sollen nach Slowenien kommen, Slowenisch lernen oder zumindest glaubwürdige Gesprächspartner bekommen und dann eine Bewertung vornehmen.