Der frühere Nationale Sicherheitsberater John Bolton kann sein Buch mit explosiven Vorwürfen gegen US-Präsident Donald Trump einer Gerichtsentscheidung zufolge wie geplant an diesem Dienstag veröffentlichen. Ein Bundesgericht in Washington lehnte am Samstag einen Antrag auf eine einstweilige Verfügung ab, mit der die Trump-Regierung die Veröffentlichung in letzter Minute verhindern wollte.

Die US-Regierung habe nicht hinreichend dargelegt, dass mit einem Veröffentlichungsverbot "irreparable Schäden vermieden" werden könnten, erklärte Richter Royce Lamberth. Er verwies auch darauf, dass es schon zu spät für einen Stopp sei. 200.000 Exemplare des Buchs seien bereits innerhalb der USA verschickt worden, Tausende weitere seien ins Ausland geliefert worden. "Mit Hunderttausenden von Exemplaren rund um den Globus - viele davon in Redaktionen - ist der Schaden angerichtet", argumentierte der Bundesrichter.

Kritik an Bolton

Lamberth übte zugleich scharfe Kritik an Bolton. Dieser habe die Nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten aufs Spiel gesetzt, schrieb der Richter. Bolton setze sich zivilrechtlicher und möglicherweise strafrechtlicher Haftung aus. Darum sei es bei der Frage der einstweiligen Verfügung aber nicht gegangen.

Die Regierung wollte die für Dienstag geplante Veröffentlichung des Buchs "The Room Where It Happened: A White House Memoir" (etwa: Der Raum, in dem es geschah - Memoiren aus dem Weißen Haus) stoppen lassen, weil das Werk diverse Geheiminformationen enthalte, deren Veröffentlichung nicht von der Regierung genehmigt worden sei.

Schwere Anschuldigungen

In von US-Medien veröffentlichten Auszügen erhebt der frühere Sicherheitsberater schwere Anschuldigungen gegen Trump. Der Präsident ordne seine gesamte Außenpolitik dem Ziel unter, für eine zweite Amtszeit gewählt zu werden. So habe er etwa an den chinesischen Staatschef Xi Jinping appelliert, ihm durch die Steigerung der US-Agrarimporte im Wahlkampf zu helfen.

Bolton schreibt in dem Buch nach Angaben der "New York Times", ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump wäre nicht nur wegen der Vorwürfe in der Ukraine-Affäre, sondern auch wegen anderer Fälle gerechtfertigt gewesen. Trump habe mehrfach strafrechtliche Ermittlungen zugunsten von "Diktatoren" unterbunden, etwa in Bezug auf China und die Türkei. "Das Verhaltensmuster sah nach Behinderung der Justiz als Alltagsgeschäft aus, was wir nicht akzeptieren konnten", schrieb Bolton. Trump habe seine Macht für persönliche Interessen missbraucht.

"Krankes Hündchen", "reine Fiktion"

Trump bezeichnete seinen früheren Berater am Donnerstag im Kurzbotschaftendienst Twitter als "krankes Hündchen" und dessen Buch als "reine Fiktion" gespickt mit Lügen. Viele der lächerlichen Aussagen, die Bolton ihm zuschreibe, habe er nie gemacht. Dies alles solle ihn "schlecht aussehen lassen", schrieb Trump.

Die US-Regierung hatte gefordert, dass Bolton für eine Veröffentlichung eine Überprüfung der Inhalte durch den Nationalen Sicherheitsrat abwarten müsse. Bundesrichter Lamberth warf dem Ex-Sicherheitsberater nun vor, diesen Prozess nach nur vier Monaten abgebrochen und das Manuskript an den Verlag geschickt zu haben. Auch Justizminister William Barr hatte kritisiert, dass Bolton nicht den vorgeschriebenen Prozess für eine Freigabe durchlaufen habe. US-Außenminister Mike Pompeo bezeichnete den Autor als "Verräter", während Trump am Samstag auf Twitter schrieb, dass Bolton Geheiminformationen "in massiven Mengen" veröffentlicht habe. "Dafür muss er einen sehr hohen Preis bezahlen."

Bolton - ein ausgesprochen rigoroser außenpolitischer Hardliner - hatte unter anderem Trumps Annäherungskurs gegenüber Nordkorea von vornherein abgelehnt. Im September 2019 schied Bolton nach weniger als eineinhalbjähriger Amtszeit im Unfrieden aus dem Weißen Haus aus.