Botschafter Traina, Sie werden in den kommenden Wochen 500.000 Mund-Nasen-Masken aus Ihrer Heimat Kalifornien in Österreich verteilen. Wem ist das Geschenk zu danken?
TREVOR TRAINA: Das ist eine Team-Anstrengung. Ich habe es vorgeschlagen und die US-Regierung hat die Rechnung bezahlt. Wir schätzen alles, was Österreich in dieser Pandemie getan hat, das Land ist in sehr gutem Zustand. Wir haben gefragt, wie wir helfen können und gehört: Für Normalbürger brauchen wir mehr Masken.

Inzwischen brauchen andere dringender Masken. Gibt es so eine Initiative auch anderswo?
Diese Initiative ist einmalig. Aber seit Jahresbeginn haben die USA fast drei Milliarden Dollar an Hilfe für Covid-19 ausgegeben, hauptsächlich für Entwicklungsländer. Wir haben in Italien Militärspitäler gebaut. Außerdem haben US-Firmen viel gegeben. Apple spendete in Österreich 150.000 Operationsmasken. Schon während der großen Pandemie 1918 haben die USA tägliche Mahlzeiten für 300.000 Kinder ermöglicht. Amerika hilft kontinuierlich, aber vielleicht sind wir nicht sehr gut darin, unsere Geschichte auch zu erzählen.

Vielleicht wird alles überdeckt von den Tweets Ihres Präsidenten. Können Sie uns die erklären?
Vor Präsident Trump war es so: Ehe ein amerikanischer Präsident seinen Mund aufgemacht hat, wurden seine Worte analysiert, debattiert, ja, massiert von einem Heer von Beratern. Jetzt sind wir mithilfe der Social Media alle erste Reihe fußfrei beim Entstehen von Politik dabei. Wenn wir diese Tweets lesen, sind sie oft amüsant …

… oder furchterregend.
Die Tweets dienen unterschiedlichen Zwecken. Es amüsiert mich immer, dass die Leute sie so wörtlich verstehen. Zum Beispiel hat der Präsident einmal geschrieben: „Trade wars are easy“ und jeder fragte sich, wie kann er denken, Handelskriege wären einfach? Ich frage dann zurück, glaubst du, er denkt das wirklich, oder gibt es vielleicht einen anderen Grund, warum er das gesagt hat? Vielleicht warnt er einen potenziellen Gegner? Es können Hunderte Gründe sein.

Ist das nicht gefährlich? Ironie wird ja oft nicht verstanden.
Ich erinnere daran, dass die Politik dieses Präsidenten auf nahezu jedem Feld der seiner Vorgänger ähnelt. Jeder Präsident hat sich beschwert, dass die USA zu viel ausgeben für die Nato, andere Staaten zu wenig. Jeder Präsident hat sich darüber beschwert, dass die europäischen Zölle höher sind als die amerikanischen. Jeder Präsident hat geklagt, dass die Handelsbilanz mit China nicht ausgeglichen ist. Die Politik dieses Präsidenten ist in der Substanz ähnlich, was sich unterscheidet, ist der Stil und die Methode der Kommunikation. Aber wenn man den Lärm überhört und die gemeinsamen Grundlagen sucht, findet man sie auch.

Wirkt der Lärm also?
Er hat einigen Erfolg. Die Nato gibt mehr Geld aus, zum ersten Mal. Die Handelsbedingungen zwischen USA, Mexiko und Kanada sind neu verhandelt. Im Handel mit China wurden große Fortschritte erzielt. Präsident Trump fokussiert fast ausschließlich auf wirtschaftliche Chancen. Als er gewählt wurde, hatten wir das schwächste Wirtschaftswachstum nach dem Krieg mit hoher Arbeitslosigkeit. In zweieinhalb Jahren hat er das in die längste wirtschaftliche Erholung umgewandelt, kombiniert mit sehr geringer Arbeitslosigkeit. Präsident Trump sollte an dem gemessen werden, was er für die Revitalisierung der US-Wirtschaft getan hat. Und für die Stärkung des US-Militärs.

Zurück zu den Masken: War Ihre Initiative auch eine Reaktion auf die Chinesen, die Masken geschickt haben?
Viele dieser Masken wurden von Österreich gekauft, das ist der Unterschied. Was die Chinesen Hilfe nennen, ist an viele Bedingungen geknüpft, vor allem in der Dritten Welt. Wenn dort ein neuer Damm, ein neuer Hafen, ein neues Kraftwerk mit chinesischen Krediten und chinesischen Arbeitskräften gebaut wird, machen sich die Regierungen abhängig von China. Das ist Kolonialismus im Stil des 21. Jahrhunderts.

Ihr Präsident trägt keine Maske, warum?
Er hat diesen Luxus, weil alle um ihn herum sie tragen. Diplomatie ist schwierig in der Ära von Masken.

Bei der Jahrestagung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Genf hat Chinas Präsident Xi Jinping gesprochen, Präsident Trump nicht. Sollte man nicht die WHO stärken, statt sie zu schwächen?
Ich denke, wir müssen sie verändern. Die WHO existiert, um Pandemien zu verhindern. Die USA zahlen der WHO über 400 Millionen Dollar pro Jahr. China, die zweitgrößte Wirtschaft der Welt, gibt 40 Millionen, ein Zehntel. Deshalb sind wir sehr frustriert darüber, dass nach so einer großen Investition die Organisation nicht imstande war, uns zu schützen.

Der Streit um die WHO ist nur einer vieler Konflikte mit China. Wieso eskaliert Präsident Trump diese Rivalität?
Präsident Trump ist der erste amerikanische Präsident und westliche Politiker, der wirklich vor China warnt, das ist seine große Leistung. Er war der erste, der Europa auf die Gefahren hingewiesen hat, die mit dem Verkauf von Roboter-Fabriken oder Patenten für künstliche Intelligenz an China einhergehen. Sie werden sie nutzen, euch Konkurrenz zu machen, sagte er. Heute gibt es in der ganzen Welt eine neue Skepsis darüber, wofür China steht.

Wofür steht es?
Wir haben im Westen dieselben jüdisch-christlichen, kapitalistischen Werte und grundlegenden Freiheiten, die unsere Länder und Gesellschaften miteinander verbinden. China ist nicht wie wir und will es auch nicht sein. Sie fühlen sich uns überlegen und wollen uns überholen. Unsere Bemühungen, China einzugliedern, sind gescheitert. Jetzt müssen wir, der Westen, unser Engagement überdenken. Wenn wir uns engagieren, dann zu fairen Bedingungen. Das ist der Kern unseres Handelskonflikts mit China. Die Chinesen stehlen oder erzwingen den Transfer von Technologie. Wir als Westen müssen härter daran arbeiten, dass das Spielfeld offenbleibt.