Im Zeichen der Corona-Pandemie ist international an das Ende des Zweiten Weltkriegs vor 75 Jahren erinnert worden. In Paris, London und Washington waren die Gedenkzeremonien am Freitag - ähnlich wie in Österreich, wo das traditionelle "Fest der Freude" ins Internet verlegt wurde - wegen der Gesundheits-Auflagen aber stark eingeschränkt.

Der Ereignisse vor 75 Jahren wurde in vielen Städten Europas dennoch gedacht - insbesondere bei den damaligen Alliierten, die Hitler-Deutschland in die Knie gezwungen hatten. US-Präsident Donald Trump würdigte die getöteten US-Soldaten als "selbstlose und heldenhafte Kämpfer". Gemeinsam mit seiner Ehefrau Melania legte er in der Weltkriegsgedenkstätte in Washington einen Kranz nieder. Laut einer Erklärung des Weißen Hauses wollte er damit die "Kräfte der Freiheit feiern, die die Tyrannei besiegt haben".

Trump war beim österreichischen Gedenkakt anwesend

Trump war auch beim österreichischen Gedenkakt anlässlich des Kriegsendes mit einer Videobotschaft präsent. Nach dem Ende des Krieges habe sich ein Verhältnis der USA zu Europa entwickelt, das stärker als je zuvor sei, so Trump. Die Bindung zwischen Österreich und den USA werde "für immer" bleiben, so Trump, der auch an sein Treffen mit Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) im Vorjahr erinnerte.

Frankreich

In Frankreich legte Präsident Emmanuel Macron Kränze in Erinnerung an General Charles de Gaulle sowie die Weltkriegstoten nieder. In Paris war ursprünglich eine Feier mit Veteranen und anderen Zeitzeugen geplant. Diese musste wegen der Corona-Krise deutlich verkleinert werden.

Macron entfachte am Grabmal des unbekannten Soldaten unter dem Triumphbogen symbolisch die Flamme des Gedenkens. Am Eiffelturm wurde zudem die französische Trikolore gehisst, um "die Kämpfer und Widerstandskämpfer des Zweiten Weltkriegs" zu ehren.

Dazu gehörte auch die Widerstandskämpferin Cécile Rol-Tanguy, die nun im Alter von 101 Jahren starb, wie ihre Familie mitteilte. Sie war mit ihrem Mann Henri maßgeblich an der Pariser Befreiung von den Nazis im August 1944 beteiligt gewesen.

Großbritannien

In Großbritannien wollte die Queen um 21.00 Uhr eine Fernsehansprache halten. Zur selben Uhrzeit hatte ihr Vater King George VI. 1945 in einer Radioansprache den Sieg der Alliierten über Nazi-Deutschland verkündet. Thronfolger Prinz Charles wollte zudem Auszüge aus dem Tagebuch des Königs vom Victory Day verlesen.

Im Anschluss waren die Briten aufgerufen, von ihren Haustüren oder Balkonen aus den während des Zweiten Weltkriegs populären Song "We'll Meet Again" von Vera Lynn anzustimmen. Die ursprünglich für den 8. Mai geplanten Straßenfeste und Veteranenmärsche mussten wegen der Corona-Pandemie ausfallen. Premierminister Boris Johnson und weitere Regierungsmitglieder planten aber Videotelefonate mit Weltkriegs-Veteranen.

Russland

Auch in Russland fällt das Gedenken in diesem Jahr kleiner aus. Die traditionelle Militärparade zum 9. Mai ist abgesagt. Am Samstag ist lediglich eine Luftschau geplant.

EU

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen schrieb auf Twitter:

Für Europa steht dieser Tag für das Ende eines grausamen Krieges, der durch das Nazi-Regime verursacht wurde, und für die Befreiung aus den dunkelsten Stunden.

Zugleich sei dieser Tag ein Wendepunkt für das Schicksal des Kontinents.

Deutschland

In Deutschland rief Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Bürger zur Verteidigung der Demokratie auf. Steinmeier machte deutlich, dass diese Konsequenz aus der deutschen Geschichte gerade auch jetzt in der Corona-Krise gelte. "Damals wurden wir befreit. Heute müssen wir uns selbst befreien", sagte Steinmeier und nannte neuen Nationalismus, Hass, Hetze sowie "Fremdenfeindlichkeit und Demokratieverachtung".

Die deutsche Geschichte sei eine "gebrochene Geschichte". Dazu gehöre die Verantwortung für millionenfachen Mord und millionenfaches Leid. "Das bricht uns das Herz bis heute. Deshalb: Man kann dieses Land nur mit gebrochenem Herzen lieben."

Deutschland hatte für den 75. Jahrestag ursprünglich einen Staatsakt geplant. Vor dem Reichstagsgebäude in Berlin sollten sich rund 1.600 Gästen versammeln. Dies musste wegen der Corona-Pandemie abgesagt werden. Nun kamen mit dem Staatsoberhaupt die Spitzen der vier anderen Verfassungsorgane - Kanzlerin Angela Merkel sowie die Präsidenten von Bundestag, Bundesrat und Bundesverfassungsgericht, Wolfgang Schäuble, Dietmar Woidke (SPD) und Andreas Voßkuhle - zur Neuen Wache in Berlin. Sie ist die zentrale deutsche Gedenkstätte für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft.

Merkel gedachte zudem gemeinsam mit Russlands Präsident Wladimir Putin telefonisch des Kriegsendes. Die beiden seien sich einig, dass "die Erinnerung an den Krieg und seine Schrecken für alle Zeit wach gehalten werden" müsse, erklärte die deutsche Bundesregierung.

Im Zweiten Weltkrieg hatte Hitler-Deutschland 1941 die Sowjetunion überfallen. Diese zählte mit rund 27 Millionen Toten so viele Opfer wie kein anderer Staat. Auch mit US-Präsident Donald Trump und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron telefonierte Merkel am Freitag nach Angaben des deutschen Regierungssprechers Steffen Seibert.

Mit der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht endete am 8. Mai 1945 der von Hitler-Deutschland entfesselte Krieg in Europa. Er kostete hier und in Asien - je nach Schätzung - zwischen 55 und mehr als 60 Millionen Menschen das Leben. Unter ihnen waren auch rund 6 Millionen europäische Juden, die die Nationalsozialisten in ihrem Rassenwahn ermordeten.