Mehr als 35 Staats- und Regierungschefs - darunter der französische Präsident Emmanuel Macron, der kanadische Premier Justin Trudeau und Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) - sowie über 100 Außen- und Verteidigungsminister werden ab Freitag zur Münchner Sicherheitskonferenz erwartet. Inhaltlich soll es sowohl um aktuelle Krisen als auch um künftige sicherheitspolitische Herausforderungen gehen.

Im Fokus der dreitägigen Konferenz wird unter anderem die Rolle des Westens stehen, der "sowohl von innen, als auch von außen immer mehr in Frage gestellt" werde: "Ein gemeinsames Verständnis darüber, was es bedeutet, Teil des Westens zu sein, nimmt zusehends ab", heißt es in einer Pressemitteilung der Veranstalter. Doch was bedeute es für die Welt angesichts wachsender Großmachtrivalitäten und einer Vielzahl an Krisen, wenn sich der Westen nicht auf eine gemeinsame Strategie einigen könne und so die Bühne anderen überlasse?

Liberale Weltordnung im Blickpunkt

Im Lichte derartiger Fragen soll in München das "Europäische Projekt" ebenso Thema sein wie die Verteidigungskooperation und der "Zustand der liberalen internationalen Ordnung". Dabei soll ausdrücklich keine "Nabelschau des Westens" stattfinden - vielmehr sollen Entscheidungsträger und Experten aus der ganzen Welt über Brennpunkte von Libyen über den Persischen Golf bis hin zu Ostasien diskutieren. Als weitere inhaltliche Schwerpunkte wurden im Vorfeld der Tagung die sicherheitspolitischen Auswirkungen des Klimawandels sowie Schnittstellen zwischen Handel, technologischer Entwicklung und internationaler Sicherheit genannt.

Eröffnet wird die Konferenz, die heuer bereits zum 56. Mal über die Bühne geht, vom deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier. Insgesamt werden mehr als 500 hochrangige internationale Entscheidungsträger erwartet, wobei es für manche - wie den französischen Präsidenten Macron und den kanadischen Premier Trudeau - eine Premiere sein wird.

Dichtes Programm für Kurz

Nicht zum ersten Mal bei der Sicherheitskonferenz sein wird Bundeskanzler Kurz, der bereits als Regierungschef, aber auch als Außenminister in München zu Gast war. Er wird laut dem Bundeskanzleramt am Freitagnachmittag an einer Podiumsdiskussion mit Trudeau, der norwegischen Ministerpräsidentin Erna Solberg und der slowakischen Präsidentin Zuzana Caputova zum Thema "Westlessness in the West: What are we defending?" teilnehmen. Mit Solberg wird Kurz auch ein bilaterales Gespräch führen.

Geplant ist außerdem ein Treffen mit dem chinesischen Außenminister Wang Yi, bei dem es um Unterstützung beim Kampf gegen das Coronavirus sowie allgemeine Fragen der Beziehungen zwischen der EU und China und der Zusammenarbeit zwischen Wien und Peking gehen soll. Auf dem München-Programm des Bundeskanzlers stehen aber auch Unterredungen mit Wirtschaftstreibenden, etwa dem CEO von Facebook, Mark Zuckerberg.

Treffen auch mit Söder

Am Samstag zu Mittag trifft Kurz zudem mit dem bayrischen Ministerpräsidenten und CSU-Chef Markus Söder zusammen, der nach der Rückzugsankündigung der CDU-Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer als möglicher Kanzlerkandidat der Union gehandelt wird. Kramp-Karrenbauer wird als deutsche Verteidigungsministerin übrigens ebenfalls an der Tagung teilnehmen, anders als Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Österreich wird in München auch durch Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) vertreten sein. Er wird am Rande der Sicherheitskonferenz ebenfalls bilaterale Gespräche führen, unter anderem - gemeinsam mit dem Bundeskanzler - mit dem chinesischen Außenminister Wang. Auf dem Programm stehen nach Angaben seiner Sprecherin außerdem Treffen mit seinen Amtskollegen aus Jordanien, dem Irak und Ägypten - Ayman Safadi, Mohamed Ali Alhakim und Sameh Hassan Shoukry - sowie die Teilnahme an einer Diskussion zum Thema "Central European Outlook for the EU: Winning the Next Decade".

Pompeo kommt aus Washington

Aus den USA reisen in diesem Jahr unter anderen Außenminister Mike Pompeo, Verteidigungsminister Mark Esper, Energieminister Dan Brouillette und die Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, nach München. Erwartet werden aber etwa auch die Außenminister Russlands und des Iran, Sergej Lawrow und Mohammad Javad Zarif, und ihre Amtskollegen aus Japan und Indien, Toshimitsu Motegi und Subrahmanyam Jaishankar. Auch viele hochrangige Vertreter internationaler Organisationen finden sich auf der Teilnehmerliste - beispielsweise NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, und der Generalsekretär der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), Thomas Greminger.

Konferenzleiter Wolfgang Ischinger sagte am Montag bei einer Pressekonferenz in Berlin, dass die drei Veranstaltungstage kaum ausreichen würden, um alle Konflikte der Welt zu besprechen. "Wir haben mehr Krisen, mehr schlimme Krisen, mehr grauenhafte Vorgänge, als man sich vorstellen kann", betonte er. Ischinger appellierte auch an die internationale Staatengemeinschaft, sich intensiver um die Lösung der Konflikte zu bemühen. Die Welt sei in den vergangenen Jahren "gefährlicher geworden", und die internationale Staatengemeinschaft, insbesondere auch die EU, hätten bei der Suche nach Friedenslösungen vielerorts versagt, zitierte die AFP den Botschafter.