Nach dem Tod des langjährigen Sultans von Oman, Qaboos bin Said, ist dessen Cousin Haitham bin Tariq zum Nachfolger ernannt worden. Der bisherige Kultusminister Haitham bin Tariq habe seinen Amtseid abgelegt, nachdem eine Versammlung der Königsfamilie die Entscheidung des verstorbenen Sultans für seine Nachfolge gebilligt habe, teilte die Regierung des Oman am Samstag im Online-Dienst Twitter mit.

Wenn ein absoluter Herrscher stirbt und seine Untertanen weinen, macht das erst einmal skeptisch. Gehirnwäsche, Zwang, Schauspielerei? Im Oman ist die Trauer dagegen echt. Denn das Volk liebte seinen "Vater". Und das, obwohl den Omanis echte Mitbestimmung verwehrt blieb. Sultan Qaboos starb nach schwerer Krankheit und fast 50 Jahren als Herrscher des arabischen Staates.

Neutrale Rolle in regionalen Konflikten

Unter Qaboos nahm der Oman in den vergangenen Jahrzehnten oft eine neutrale Rolle in regionalen Konflikten ein, unterhielt freundschaftliche Beziehungen sowohl zu Washington als auch zu Teheran und trat - ähnlich wie die Schweiz in der globalen Diplomatie - als Vermittler auf. Wie sich der Oman künftig positioniert, war zunächst nicht klar.

Der neue Sultan versicherte in einer Rundfunkansprache, der Oman werde seinen außenpolitischen Kurs friedlicher Koexistenz, internationaler Zusammenarbeit und Nichteinmischung beibehalten. Sein Land wolle freundschaftliche Beziehungen mit allen Ländern aufrechterhalten.

Seit Jahren gesundheitlich angeschlagen

Qaboos war 1970 nach einem unblutigen Putsch mit Hilfe der ehemaligen Kolonialmacht Großbritannien an die Spitze des Sultanats gerückt. Er starb nach staatlichen Angaben am Freitag. Ein Grund wurde offiziell nicht genannt. Qaboos war seit Jahren gesundheitlich angeschlagen, zuletzt verbrachte er im Dezember eine Woche in Belgien, um sich behandeln zu lassen. Medienberichten zufolge litt der Monarch an Darmkrebs. Qaboos hatte keine Kinder und öffentlich keinen Nachfolger auserkoren.

Qaboos zeigte sich in den vergangenen Jahren kaum noch öffentlich und schickte meistens seine Minister. In der 2011 eröffneten prachtvollen schneeweißen Oper Maskats blieb ein Stuhl seit Jahren leer: der mit rotem Samt überzogene Opernthron des Sultans. Zeitweise musste Qaboos sich in Garmisch-Partenkirchen behandeln lassen. In die bayerische Stadt reiste Qaboos gerne, dort besaß er ein Haus - und kam bis kurz vor seinem Tod immer zurück. Der Mann mit dem akkurat gestutzten weißen Bart litt Medienangaben zufolge an Krebs.

Haitham bin Tariq wurde zum neuen Sultan ernannt, nachdem der Militärrat die Herrscherfamilie aufgefordert hatte, die Nachfolge zu regeln. Haitham bin Tariq war Kulturerbe-Minister und wurde von Qaboos 2013 zum Vorsitzenden des Komitees ernannt, das sich um die Entwicklung des Oman kümmert.

Modernisierer

Qaboos hatte das Land modernisiert, indem er die Einnahmen aus dem Ölgeschäft unter anderem in die Infrastruktur investierte. Allerdings ist die Finanzlage angespannt und die Arbeitslosigkeit vergleichsweise hoch. Einige Analysten befürchten, dass alte Stammesfehden wieder aufbrechen könnten. Aus regionalen Konflikten versuchte er sein Land herauszuhalten. Er schlug sich beispielsweise nicht auf eine Seite der beiden Erzrivalen in der Region, Iran und Saudi-Arabien. Das historische Atomabkommen mit dem Iran, das die USA mittlerweile aber aufgekündigt haben, kam auch dank der diplomatischen Bemühungen Omans zustande.

Die Straßen sind nur ein Beispiel für die Errungenschaft der Ära Qaboos. Die medizinische Versorgung wurde kostenlos und erreicht in den Städten sogar westliches Niveau. Auch Schulen sind beitragsfrei. Zudem wurden Renten für Alte, Witwen und Waisen sowie ein Mindestlohn eingeführt. Erdöl hat den Oman und seine Bewohner wohlhabend, aber nicht so größenwahnsinnig wie andere Golfstaaten gemacht.

Stabilität und Wohlstand ließen Qaboos zum unumstrittenen Alleinherrscher werden. Und das, obwohl er seinem Volk Freiheitsrechte verwehrte, für die in anderen Ländern Aufstände losbrachen. Die Medien im Sultanat sind gelenkt, politische Mitbestimmung gibt es nur eingeschränkt - auch wenn der Herrscher es mit viel Fingerspitzengefühl verstand, auf die Bedürfnisse der verschiedenen Teile der Gesellschaft einzugehen.

Große Herausforderungen für den neuen Sultan

Der neue Sultan steht vor großen Herausforderungen. Ähnlich wie in Saudi-Arabien besteht sein Haushalt zum allergrößten Teil aus Ölgeld, das eines Tages ausgehen wird. Die Region bleibt zudem konfliktreich. Die Iran-Krise und den Bürgerkrieg im benachbarten Jemen erlebt der Oman aus unmittelbarer Nähe. Wie sein Vorgänger will auch Sultan Haitham als Vermittler auftreten und gute Beziehugen zu allen pflegen. Auf ihn wartet viel Arbeit. Und ein Volk, dessen Liebe er sich erst einmal verdienen muss.