Schon seit vier Monaten steht Ursula von der Leyen als neue EU-Kommissionspräsidentin in den Startlöchern. Seit Sonntag kann sie als erste Frau an der Spitze der mächtigen EU-Behörde den versprochenen "Neustart Europas" umsetzen. Wie von der Leyen die EU verändern will:

KLIMA

Europa soll 2050 der erste klimaneutrale Kontinent werden. Von der Leyen will in ihren "ersten 100 Tagen" ein entsprechendes Gesetz vorlegen. Das EU-Etappenziel bei der Treibhausgasverringerung bis 2030 will sie von 40 Prozent auf 50 oder 55 Prozent erhöhen. Damit Firmen aus Drittstaaten mit geringeren Klimaauflagen kein Umwelt-Dumping betreiben, soll eine "CO2-Grenzsteuer" eingeführt werden. Die Kosten der Bekämpfung des Klimawandels beziffert von der Leyen bis 2030 auf eine Billion Euro.

MIGRATION

Beim Außengrenzschutz will von der Leyen schneller vorankommen. Statt bis 2027 soll die EU-Behörde Frontex bereits bis 2024 auf 10.000 Beamte ausgebaut werden. Zudem plant sie einen neuen Anlauf bei der festgefahrenen EU-Asylreform und will dazu laut Diplomaten im Februar oder März Vorschläge vorlegen. Bei der umstrittenen Seenotrettung im Mittelmeer will die künftige Kommissionschefin "eine dauerhaftere Antwort" und nicht mehr "Einzelfalllösungen".

RECHTSSTAATLICHKEIT

In der EU laufen gegen Polen und Ungarn Strafverfahren wegen Verstößen gegen rechtsstaatliche Prinzipien. In der Frage zeigte sich von der Leyen, die bei ihrer knappen Wahl im EU-Parlament im Juli auf Stimmen aus Osteuropa angewiesen war, lange zurückhaltend. Nun forderte sie, hier dürfe Europa "niemals Kompromisse eingehen".

SOZIALES EUROPA

Von der Leyen will den Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit vorantreiben. Zudem will sie "faire Mindestlöhne" und eine europäische Arbeitslosenrückversicherung, die Mitgliedstaaten in Krisenzeiten finanziell entlasten soll.

DIGITALE WIRTSCHAFT

Die Kommissionschefin plant die Bündelung von Ressourcen, damit die EU bei wichtigen Zukunftstechnologien aufholen kann. Gleichzeitig sollen die Europäer ihre Wirtschaftsmacht nutzen, um in der digitalen Welt Regeln zum Schutz der Daten der Bürger zu gewährleisten.

KAMPF GEGEN KREBS

Europa soll im Kampf gegen den Krebs "die Führung übernehmen". Die Kommission will dazu "Anfang nächsten Jahres" einen Plan vorstellen.

AUSSENHANDEL

Von der Leyen will in jedes Freihandelsabkommen Verpflichtungen auf "höchste Standards" beim Klima- und Arbeitnehmerschutz sowie im Kampf gegen Kinderarbeit aufnehmen. Sie will den Posten eines hochrangigen Beamten schaffen, der die Durchsetzung in den Partnerländern überwacht.

AUSSEN- UHND VERTEIDIGUNGSPOLITIK

Die frühere Bundesverteidigungsministerin fordert auch in der Außen- und Sicherheitspolitik Mehrheitsentscheidungen im Rat der Mitgliedstaaten, um Europa handlungsfähiger zu machen. Die EU als wirtschaftliche "Supermacht" muss aus ihrer Sicht "die Sprache der Macht" lernen und im Verteidigungsbereich "eigene Muskeln" aufbauen. Ihre Behörde soll "eine geopolitische Kommission" werden. Sie werde sich "nicht scheuen, selbstbewusst und bestimmt aufzutreten".

ERWEITERUNG

Von der Leyen bekräftigt die "europäische Perspektive" der Länder des westlichen Balkans. Sie spricht sich für Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien und Albanien aus, die bisher auf Ebene der Mitgliedstaaten blockiert werden.

BREXIT

Das mit London ausgehandelte Austrittsabkommen ist für von der Leyen "der einzige und bestmögliche Deal". Der bereits dreimal verschobene EU-Austritt bleibt für sie ein großer Unsicherheitsfaktor - auch weil die Briten trotz Mitgliedschaft bis mindestens Ende Jänner bisher keinen EU-Kommissar stellen wollen. Damit könnten Rechtsakte der neuen Kommission juristisch angefochten werden.

BÜRGERBETEILIGUNG BEI EU-REFORM

Von der Leyen will ab 2020 einen groß angelegten Bürgerdialog zur EU-Reform. Diese "Konferenzen für Europa" sollen über zwei Jahre gehen. Wichtige Vorschläge sollen aufgegriffen werden.

"INITIATIVRECHT" FÜR DAS EU-PARLAMENT

Das EU-Parlament soll ein "indirektes" Initiativrecht bei Gesetzesvorhaben bekommen. Von der Leyen will jeden Vorschlag aufgreifen, der mit der Mehrheit der Parlamentsmitglieder verabschiedet wird.