Während SPÖ-Klimaschutzsprecherin Julia Herr in Wien von der künftigen Bundesregierung einen "Green New Deal" gefordert hat, hat sich ihre Parteichefin Pamela Rendi-Wagner am Freitag in Stockholm auf internationaler Ebene mit Wegen aus der Klimakrise befasst:

Rendi-Wagner sieht die Bekämpfung der Erderwärmung als zentrale Frage der Sozialdemokratie weltweit, denn alle in der schwedischen Hauptstadt vertretenen sozialistischen und sozialdemokratischen Parteien der "Progressiven Allianz" seien sich "einig, dass der Klimawandel auch eine große soziale Herausforderung ist", sagte die SPÖ-Vorsitzende in einem Telefoninterview mit der APA.

Der Klimaschutz stelle ein "großes politischen Handlungsfeld für die Sozialdemokratie" dar. "Die soziale Gerechtigkeit muss bei diesem Thema ganz stark mitgedacht werden", betonte sie. Und die Sozialdemokraten seine die einzige politische Kraft, die diesen Aspekt immer bei all ihren Konzepten gegen den Klimawandel berücksichtige.

Die Teilnehmer des Treffens der "Progressiven Allianz" erörterten mit dem niederländischen Sozialdemokraten Frans Timmermans, der in der künftigen EU-Kommission als Vizepräsident für den Klimaschutz zuständig sein wird, dessen Pläne eines Green New Deal für Europa. "Klar ist, dass Europa eine Vorreiterrolle im Kampf gegen die Klimakrise einnehmen muss und Österreich eine Vorreiterrolle innerhalb der Europäischen Union", sagte Rendi-Wagner nach den Beratungen mit Timmermans, den sie in Stockholm auch zu einem bilateralen Gespräch traf.

Timmermans hatte bei seinem Hearing für seine neue Funktion als Klimakommissar vor dem Europaparlament Anfang Oktober angekündigt, rasch nach seinem Amtsantritt, weitreichende Gesetzesentwürfe vorzulegen, in denen das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 in der EU-Gesetzgebung verankert sei. Zudem will er umgehend damit beginnen, ehrgeizigere Ziele für die Zeit bis 2030 zu erarbeiten. "Ich werde einen Legislativvorschlag vorlegen, der uns helfen wird, die Emissionen um mindestens 50 Prozent zu senken - oder noch besser sogar um 55 Prozent", sagte Timmermans bei dieser Gelegenheit. Offizielles Ziel sind derzeit minus 40 Prozent.

Viel genauer zu den Plänen von Timmermans wollte sich Rendi-Wagner im APA-Gespräch nicht äußern. Sie würden aber "sehr bald" vorgestellt", versicherte sie. Sie signalisierte Unterstützung für die Ambitionen ihres Parteikollegen, den künftigen Kommissions-Vize. Vorbild könne Österreich etwa beim Ausbau der Bahn oder bei der Umstellung des sozialen Wohnbaus auf Klimafaktoren sein. Beim Bahnausbau sei Österreich im europäischen Vergleich Nummer eins. Dies müsse durch gezielte Investitionen fortgesetzt werden. Projekte zum klimagerechten sozialen Wohnbau habe sich Timmermans bei einem Besuch während des EU-Wahlkampfs im Frühjahr angeschaut, so Rendi-Wagner.

"Soziale Gerechtigkeit - Klimaschutz - Investitionen in eine nachhaltige Wirtschaft: Das muss ein Dreiklang sein", betonte die SPÖ-Chefin, die zugleich an ihren Vorschlag eines Klimakonvents für Österreich vom Sommer erinnerte. Dazu will sie alle betroffenen Wirtschaftszweige, NGOs, Gesellschaftsgruppen und Experten an einen Tisch holen. Dabei dürfe niemand - auch nicht etwa die Vertreter fossiler Energieträger - ausgeschlossen oder als "fixer Gegner" gesehen werden, denn "wir sitzen am Ende alle im selben Boot" und der Dreiklang aus sozialer Gerechtigkeit, Klimaschutz und Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft könne nur mithilfe von Win-Win-Situationen gelingen.

Ein weiteres großes Thema der Konferenz der "Progressiven Allianz" auf Einladung der schwedischen Sozialdemokraten (SAP) unter Ministerpräsident Stefan Löfven mit Partei- und Regierungschefs aus Europa und aller Welt war am Freitag auch die Digitalisierung. Die "Progressive Allianz" ist ein ergänzendes Netzwerk zur Sozialistischen Internationale (SI). Sie besteht aus weltweit rund 130 Parteien des sozialistischen und sozialdemokratischen Spektrums sowie knapp 30 international tätigen Organisationen. Sie wurde 1993 in Leipzig gegründet. Rendi-Wagner nahm in Stockholm auch an Podiumsdiskussionen teil und traf bilateral u.a. auch den portugiesischen Ministerpräsidenten Antonio Costa.