Ist die Wahl in Spanien entscheidend für die Entwicklung im Katalonien-Konflikt?
Klaus-Jürgen NAGEL: Ich denke nicht. Denn von den Sozialisten über die Liberalen und die Volkspartei bis hin zu den extremen Rechten sind sich mit Ausnahme von Podemos alle einig, dass es in der Katalonienfrage um die Herstellung der öffentlichen Ordnung gehen muss. Kompromisse sind nicht vorgesehen, es geht eher in Richtung Unterdrückung.

Am Sonntag sind in Barcelona zusätzlich Tausende Sicherheitskräfte rekrutiert. Wovor hat man Angst?
Klaus-Jürgen NAGEL: Polizisten sind ja dauernd hier. Als der König kürzlich kam, wurden auch Tausende zusätzliche Polizisten hergeholt. Das ist schon normal.

Spanien wählt zum vierten Mal in vier Jahren: Sind die Spanier nicht langsam wahlmüde?
Klaus-Jürgen NAGEL: Man darf gespannt auf die Wahlbeteiligung sein, gerade in Katalonien. Bei dieser Wahl besteht die Chance, dass die Separatisten Sitze im Parlament dazugewinnen. Das mobilisiert. Gerade nach den heftigen Polizeieinsätzen und den harten Gerichtsurteilen gegen die Unabhängigkeitsanführer werden sich viele gegen Madrid wehren.

Es hat in Spanien noch nie eine Große Koalition gegeben.
Klaus-Jürgen NAGEL: Das ist richtig. Und das ist jetzt zwar eher möglich als je zuvor, aber ich glaube nicht wirklich daran. Für die Katalonienfrage wäre die Große Koalition die schlechteste aller Möglichkeiten, weil es dann, so wie es die Volkspartei will, einen härteren Kurs gegen Katalonien geben würde.

Wie ist die Stimmung in Barcelona?
Klaus-Jürgen NAGEL: Es gibt eine Übereinstimmung darin, dass man eine Volksabstimmung über die Unabhängigkeit Kataloniens durchführen soll, aber bei der Frage der Unabhängigkeit steht es Fifty-Fifty. Einig sind sich die Katalanen nur bei der Abschaffung der Monarchie: Bei der letzten Umfrage im Juli waren nur noch 12,3 Prozent für die Monarchie.

Wieso ist die Monarchie so unbeliebt?
Klaus-Jürgen NAGEL: Denken Sie an die Rede des Königs am 3. Oktober 2017! Am 1. Oktober gab es den Versuch einer Volksabstimmung über die Unabhängigkeit, der von der Polizei gestoppt wurde, bei der trotzdem über 40 Prozent abstimmten. Am 3. Oktober dann die berühmte Rede des spanischen Königs, der sich klar auf die Seite der Polizei stellte und nicht einmal ein Wort des Mitleids für jene hatte, die durch Polizeigewalt zu Schaden kamen. Seit damals ist bei vielen in Bezug auf die Monarchie der Ofen aus.