Der äthiopische Ministerpräsident Abiy Ahmed erhält in diesem Jahr den Friedensnobelpreis. Er wird für seinen Einsatz für Frieden und internationale Zusammenarbeit und vor allem für seine Initiative zur Lösung des Grenzkonflikts mit dem äthiopischen Nachbarland Eritrea ausgezeichnet. Die Auszeichnung wurde international in Zeitungen kommentiert, ein Überblick:

"El Mundo" (Madrid):

"Heuer gibt es einen dieser Friedensnobelpreise, die keine Kontroversen hervorrufen. (...) Es ist wahr, dass seine Verleihung an den äthiopischen Ministerpräsidenten Abiy Ahmed eher (...) eine frühzeitige Anerkennung als eine durch seine Karriere gerechtfertigte Auszeichnung ist, wie es immer der Fall ist, wenn der Friedensnobelpreis an einen aktiven Politiker geht. Doch von Ahmed ist die internationale Gemeinschaft begeistert, weil er es in eineinhalb Jahren an der Regierung geschafft hat, dem zweitbevölkerungsreichsten Land Afrikas die Hoffnung auf Demokratie zurückzugeben und vor allem ein historisches Friedensabkommen mit Eritrea zu besiegeln (...). Jetzt muss Ahmed in seiner restlichen Amtszeit zeigen, dass er den Nobelpreis verdient hat."

"De Standaard" (Brüssel):

"Abiy bewies, dass es möglich ist, in einem der ältesten und hartnäckigsten Konflikte einen historischen Durchbruch zu erzielen. (...) Europa kann nur hoffen, dass seine Vorgehensweise Erfolg hat. Der andauernde Krieg trieb Tausende Menschen aus Äthiopien und Eritrea nach Westeuropa. Sie wurden dort Teil des Flüchtlingsproblems. Mauern vermögen nichts gegen die Hoffnung auf eine bessere Zukunft auszurichten. Nur die Herkunftsländer können die Push-Faktoren neutralisieren. Dieser effizientere Ansatz verdient jede erdenkliche internationale Hilfe."

"Neue Zürcher Zeitung":

"Abiys bisherige Amtszeit erinnert daran, was möglich ist, wenn mutige, gemeinwohlorientierte Politiker die Dinge in die richtigen Bahnen leiten. In Afrika, wo staatliche Strukturen und institutionelle Kontrollmechanismen vielerorts schwach sind, gilt dies – im negativen wie im positiven Sinn – in besonderem Masse. Abiy sagte am Freitag beim Anruf des Nobelkomitees, er hoffe, der Preis werde auch einen positiven Effekt auf andere afrikanische Leader und deren Bemühungen um Frieden haben. Das wäre äußerst wünschenswert. In den 54 Ländern des Kontinents mangelt es in eklatanter Weise an Führungsfiguren, die ihr Land mit der gebührenden Umsicht, Kompetenz und Dynamik voranbringen. Abiy zeigt, wie es gehen kann."

"Frankfurter Allgemeine Zeitung":

"Der Preis kann eine Bürde sein - für seinen Träger, der unter dem Druck steht, sich der früh verliehenen Auszeichnung würdig zu erweisen; aber auch für das Komitee in Oslo, falls die Vergabe sich später als Fehlentscheidung erweist. Auf der anderen Seite kann der Friedensnobelpreis auch Ermutigung und Stärkung bewirken. Unter diesem Gesichtspunkt ist die Entscheidung für Abiy Ahmed eine gute Wahl. Abiy Ahmed hat wiederholt zu Ruhe und Geduld gemahnt, und die Unterstützung im Land für seine Politik ist nach wie vor hoch. Aber seine Gegner werden lauter, und die Unruhe nimmt zu. Welchen Weg Abiy Ahmed beschreiten wird, ist ungewiss. Seine bisherige Versöhnungspolitik hat hohe Erwartungen geweckt. Es gibt gute Gründe dafür, ihn zu bestärken, von dieser Linie nicht abzuweichen."

"Münchner Merkur":

"Nörgler mögen die Entscheidung des Osloer Nobelpreiskomitees für allzu konventionell halten. Mit der schwedischen Klimaaktivistin Greta hätte man schließlich auch die Galionsfigur einer Bewegung auszeichnen können, die der Politik überall auf der Welt Beine macht. Aber in Wahrheit ist die Wahl ein richtiges Zeichen zur richtigen Zeit. Denn sie wendet den Blick auf eine Region der Welt, die vielen noch immer als einziges Tal der Tränen gilt. Ahmed ist quasi der lebende Gegenbeweis, ein Gewährsmann dafür, dass Afrika auch anders kann. Auf dem Kontinent gibt es mehr Beispiele guter Regierungsführung, als man annehmen mag. Aber nur wenige, die sie auch verkörpern können.

"Süddeutsche Zeitung"

Das Nobelpreiskomitee würdigt nicht nur Abiys Verdienste beim Friedensschluss mit Eritrea, es zeichnet damit auch indirekt den ganzen Kontinent aus. Denn der ist voll von Menschen, die sich mit aller Kraft für Frieden und Menschenrechte einsetzen – auch wenn sie vom Rest der Welt kaum wahrgenommen werden. In einer Zeit, da nationalistische Populisten internationale Konflikte befeuern, ist der Friedensnobelpreis für Abiy eine Erinnerung daran, wie wichtig es ist, auf Gegner zuzugehen, Kompromisse zu schließen und alle Seiten im Blick zu haben.

"Rheinische Post"

Schon lange nicht mehr hat ein Laureat diesen Anforderungen so gut entsprochen wie Äthiopiens Ministerpräsident. Als er vor anderthalb Jahren an die Regierung kam, brach Abiy mit der autoritären Politik seiner Vorgänger. Politische Gefangene wurden freigelassen, Oppositionelle durften ins Land zurückkehren, Menschenrechtsverstöße durch Militär und Geheimdienst werden seither strafrechtlich verfolgt. Und Abiy gelang das fast schon Undenkbare: Er durchbrach die seit Jahrzehnten herrschende Erbfeindschaft mit dem Nachbarn Eritrea und ebnete den Weg für den Abschluss eines historischen Friedensabkommens.

"Neue Osnabrücker Zeitung"

Erinnert sich noch jemand an Ellen Johnson Sirleaf? Die liberianische Ökonomin und erste Frau, die in Afrika durch eine Wahl Staatsoberhaupt wurde, ist Friedensnobelpreisträgerin. Na gut, das war schon 2011. Aber wer hat den Preis im vergangenen Jahr bekommen? Das war Denis Mukwege aus dem Kongo, Gynäkologe und Menschenrechtsaktivist. Selbst die berühmteste Auszeichnung der Welt reicht also kaum aus, um unbekannte Namen auch nur halbwegs ins kollektive Gedächtnis zu hieven. Sollten folglich nur ohnehin schon bekannte Menschen wie Nelson Mandela, Barack Obama oder Kofi Annan mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet werden? Nein, gerade nicht. Die Strahlkraft des Preises leuchtet hell in Ecken der Welt, in die wir sonst kaum blicken würden. In diesem Jahr also nach Äthiopien.