US-Präsident Donald Trump will nach den jüngsten Angriffen auf zwei saudi-arabische Öl-Anlagen einen militärischen Konflikt mit dem Iran nach eigenen Worten möglichst vermeiden. Er würde einen solchen Konflikt "sicherlich vermeiden wollen", sagte Trump am Montag im Weißen Haus. Er bekundete allerdings zugleich seine Bereitschaft, Saudi-Arabien nach diesen Attacken zu "helfen".

US-Verteidigungsminister Mark Esper hatte zuvor nach den Angriffen auf saudi-arabische Öl-Anlagen die Entschlossenheit seiner Regierung bekundet, die internationale Ordnung zu "verteidigen". Esper schrieb am Montag im Kurzbotschaftendienst Twitter, Beratungen von Regierung und Militär der USA mit internationalen Partnern über eine Antwort auf diese "beispiellosen" Attacken seien im Gange. Die US-Regierung macht Teheran für die Angriffe auf die zwei Öl-Anlagen verantwortlich

Der Pentagonchef beschuldigte Teheran, damit "die internationale, auf Regeln basierende Ordnung" zu untergraben. Esper hatte zuvor am Montag nach eigenen Angaben im Weißen Haus mit Präsident Trump über die Angriffe gesprochen. Trump hatte dem Iran bereits am Vortag mit militärischer Vergeltung gedroht. Die USA stünden mit "geladener" Waffe bereit, twitterte er.

Ölpreis ist deutlich gestiegen

Nach den Drohnenangriffen auf die größte Ölraffinerie in Saudi-Arabien sind die Ölpreise am Montag deutlich gestiegen. In den ersten Handelsminuten nach den Angriffen waren die Preise für Öl bis zu 20 Prozent geklettert, bevor sie einen Teil des Anstiegs wieder abgaben.

Zuletzt verteuerte sich ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent um 6,60 Dollar oder knapp elf Prozent auf 66,82 Dollar - und damit auf den höchsten Stand seit Mitte Juli. Der Preis für ein Barrel der amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) legte um 5,34 Dollar oder knapp zehn Prozent auf 60,19 Dollar zu. Auch diese Sorte war zuletzt Mitte Juli so teuer.

US-Präsident Donald Trump hat die Freigabe von Öl aus den US-Reserven genehmigt. "Aufgrund des Angriffs auf Saudi-Arabien, der sich möglicherweise auf die Ölpreise auswirkt", habe er die Freigabe bei Bedarf aus der strategischen Reserve genehmigt, schrieb Trump am Sonntag im Onlinedienst Twitter. In welchem Umfang dies geschehen soll, müsse noch festgelegt werden.

Vom Iran unterstützten Houthi-Rebellen hatten mit Drohnenangriffen das Herz der saudi-arabischen Ölindustrie getroffen. Sie beschossen am Samstag unter anderem den weltgrößten Betrieb zur Öl-Verarbeitung in Abkaik. Auf Fernsehbildern waren in Flammen stehende Anlagen und weithin sichtbare Rauchsäulen zu sehen.

Einem Insider zufolge ist die Förderung von fünf Millionen Barrel Rohöl pro Tag betroffen, das wäre fast die Hälfte der Produktion des weltgrößten Ölexporteurs und fünf Prozent der weltweiten täglichen Nachfrage.

Der schwarze Rauch über Abakik war spogar auf Satellitenfotos zu sehen
Der schwarze Rauch über Abakik war spogar auf Satellitenfotos zu sehen © AP

"Extrem besorgt"

Der Anschlag schürte auch Befürchtungen vor einer Eskalation der Gewalt in der Region. Der UN-Sondergesandte für den Konflikt im Jemen, Martin Griffiths, äußerte sich "extrem besorgt" über die Entwicklungen. Solche Zwischenfälle stellten eine ernsthafte Bedrohung für die Stabilität der regionalen Sicherheit dar und würden den von den Vereinten Nationen geleiteten politischen Prozess gefährden.

Nur Stunden nach den Angriffen erklärte das Weiße Haus, US-Präsident Donald Trump habe mit dem saudischen Kronprinzen telefoniert und dem Land Hilfe für die Selbstverteidigung angeboten. US-Außenminister Mike Pompeo machte den Iran direkt verantwortlich und erklärte, die Führung in Teheran habe trotz aller Aufrufe zur Mäßigung einen Angriff auf die weltweite Ölversorgung gestartet. Alle anderen Länder müssten die Attacken ebenfalls verurteilen.

Irans Präsident Hassan Rouhani hat die Vorwürfe der USA zurückgewiesen, dass sein Land für die Attacken verantwortlich sei. Die USA wollten mit ihren Vorwürfen nur davon ablenken, dass ihr Verbündeter Saudi-Arabien ständig Luftangriffe auf Jemen fliege und Menschen töte, sagte Rouhani am Sonntag. Die USA müssten eingestehen, "dass ihre Präsenz in der Region die Probleme schafft", fügte Rouhani hinzu.

Die Houthis erklärten, sie hätten mit zehn Drohnen angegriffen. Getroffen wurden die Anlagen in Abkaik und Churais. Abkaik verarbeitet Öl aus dem weltgrößten Ölfeld Ghawar. Vor dort geht das Öl an die weltgrößte See-Verlade-Station Ras Tanura. Die Anlagen gehören dem Öl-Giganten Saudi Aramco, der derzeit auf den mit Spannung erwarteten größten Börsengang aller Zeiten zusteuert.

Ölpreis soll steigen

Über die genauen Zerstörungen gab es zunächst keine klaren Angaben. Mehrere mit der Sache vertraute Personen sagten, Produktion und Ausfuhren seien beeinträchtigt. Das Innenministerium teilte lediglich mit, die Brände an den beiden Standorten seien unter Kontrolle. Das staatliche Fernsehen berichtete, die Öl-Exporte gingen weiter. Berichte über Tote oder Verletzte gab es zunächst nicht.

"Es ist sehr wahrscheinlich, dass der Ölpreis steigt, falls die Produktionsunterbrechung von täglich vielen Millionen Barrel für mehr als einen oder zwei Tage anhält", sagte Josh Young von der Energie-Investment-Unternehmen Bison Interests. "Wenn es darüber hinaus geht, sind Öl-Preise von mehr als 80 Dollar in der nächsten Zeit nicht unrealistisch." Am Freitag hatte US-Leichtöl 55 Dollar pro Barrel (je 159 Liter) gekostet, Brent-Öl aus der Nordsee rund 60 Dollar pro Barrel.

Sandy Fielden vom Analysehaus Morningstar sagte, die wichtigste Frage sei nun, wie viel Öl Saudi-Arabien im Lagerbestand habe, um die internationalen Märkte zu versorgen, bis die Anlagen wieder repariert seien. Eine Möglichkeit zum Ausgleich eines Engpasses sei, dass die Öl-Sanktionen der USA gegen den Iran aufgehoben würden. Schließlich hätten die Iraner wegen des derzeitigen Embargos Öl im Überfluss. "Aber politisch wäre das für die Regierung Trump eine schwer zu schluckende Pille."

Andere Experten verwiesen darauf, dass es auch strategische Öl-Reserven der Mitglieder der Internationalen Energie-Agentur IEA gebe. Diese äußerte sich zum Thema Reserven zunächst nicht. Die IEA erklärte am Samstagabend lediglich, derzeit seien die weltweiten Öl-Märkte gut versorgt und es gebe ausreichend Lagerbestände.

Eskalation zwischen dem Iran und Saudi Arabien

Mit Blick auf die politischen Auswirkungen des Anschlags herrsche Unklarheit, wie der US-Verbündete Saudi-Arabien nun reagiert. "Das ist eine sehr ernste Eskalation des Krieges zwischen dem Iran und Saudi Arabien", sagte James Krane, Energie-Spezialist für den Nahen Osten an der Denkfabrik Rice University's Baker Institute in Houston. Mit dem Anschlag könnten nun auch die USA in den Konflikt hineingezogen werden.

Jason Bordoff vom Zentrum für globale Energiepolitik an der Clomubia-Universität in Ney York erklärte, das Risiko, dass sich der regionale Konflikt hochschaukele, sei deutlich gestiegen. "Werden die Saudis meinen, sie müssen antworten? Werden die Amerikaner antworten? Ich weiß es nicht", sagte Bordoff. "Aber eins ist klar: Jede neue Attacke erhöht das Risiko einer ungewollten Eskalation zu einem militärischen Konflikt, bei dem sich jede Seite gezwungen sieht, auf den vorangegangenen Vorfall zu antworten."

Ähnlich äußerte sich Robert McNally von der Rapidan Energy Group in Maryland: "So eine dreiste Attacke eines iranischen Erfüllungsgehilfen auf die Kronjuwelen des saudi-arabischen Energiesystems wird die geopolitischen Risiken erhöhen."

Drohnen- und Raketenangriffe auf Städte, Flughäfen und Ölanlagen

Die dem Iran nahestehende Houthi-Miliz wird im Jemen von einer Militärallianz unter Führung Saudi-Arabiens bekämpft. Sie hat schon mehrere Drohnen- und Raketenangriffe auf Städte, Flughäfen und Ölanlagen in Saudi-Arabien geführt, die zum Großteil aber abgefangen wurden. Saudi-Arabien wirft dem Iran vor, die Houthis mit Waffen zu beliefern. Das wird vom Iran und den Houthis bestritten. Laut einem Augenzeugen kam es am Samstag nach den Attacken auf die Öl-Anlagen zu Luftangriffen des Militär-Allianz in Jemens Provinz Saada, einer Hochburg der Houthis. Dem von der Miliz betriebenen Sender Masirah TV zufolge griffen die Kampfbomber ein Militärlager an.

Die Regierung im Iran steht unter schwerem innenpolitischen Druck, seit die USA vor rund einem Jahr das Atomabkommen mit westlichen Staaten sowie China und Russland aus dem Jahr 2015 einseitig aufgekündigt und wieder Wirtschaftssanktionen gegen den Iran in Kraft gesetzt hatten. Die USA wollen unter anderem den kompletten iranischen Ölexport unterbinden. Für den Iran ist die Ölausfuhr jedoch die wichtigste Einnahmequelle. Angesichts der Entwicklung schwächelt im Land das Wirtschaftswachstum, die Arbeitslosigkeit und die Inflation steigen. Trump will den Iran zu einem neuen Vertrag mit viel schärferen Einschränkungen bei dessen Atom- und Raketenprogramm zwingen.