In der italienischen Regierungskoalition spitzt sich der Streit um die von der Lega vorangetriebene Autonomie-Reform zu. Innenminister und Lega-Chef Matteo Salvini betonte am Sonntagabend, er werde bei den Verhandlungen zur Autonomie keine weiteren Verzögerungen dulden. "Wir akzeptieren in punkto Autonomie kein 'Nein'. Wir haben schon zu lange gewartet", sagte Salvini.

Die Zukunft der Regierung aus seiner Lega und der Fünf Sterne-Bewegung hänge von der Autonomie-Reform ab, stellte Salvini bei einer Veranstaltung seiner Partei klar. Damit verschärft er den Druck auf Premier Giuseppe Conte, der in einem Schreiben an die Bürger der norditalienischen Regionen am Sonntag betont hatte, dass er die Autonomie-Reform zwar unterstütze, diese jedoch Italien nicht spalten dürfte.

Lega entstand aus Separatisten

Die in den 80er-Jahren als separatistische Bewegung Norditaliens entstandene Lega unterstützt die Forderungen nach "differenzierter Autonomie". In der Lombardei und in Venetien, wo Regionalpräsidenten der Lega regieren, hatten sich im Oktober 2017 bei Referenden jeweils Mehrheiten dafür ausgesprochen, von Rom die Übertragung der partiellen Finanzhoheit über mehrere Budgetbereiche zu fordern - von Gesundheit und Umweltschutz über Bildung und Forschung bis hin zu Verkehr, Infrastruktur und sogar Außenwirtschaft.

Den norditalienischen Regionen geht es vor allem darum, möglichst viele Steuergelder zu behalten, um sich damit selbst zu verwalten. Viel Geld ist im Spiel, das nicht mehr nach Rom fließen würde. Das macht der Fünf-Sterne-Bewegung zu schaffen. Sie befürchtet Nachteile für den ärmeren Süden, wo sie ihr größtes Wählerreservoir hat.

Mehrere süditalienische Regionen unterstützen die Position Contes, der vor negativen Auswirkungen der "differenzierten Autonomie" für die Regionen des "Mezzogiorno" warnt. Der Präsident Siziliens, Nello Musumeci, rief Conte auf, alle Regionen an den Verhandlungstisch zur Autonomie-Reform einzuberufen. Das Abkommen zwischen dem Zentralstaat und den norditalienischen Regionen werde Auswirkungen auch auf die Interessen Siziliens haben. Daher sei es wichtig, dass alle anderen Präsidenten der Regionen sich an den Autonomie-Gesprächen beteiligen können.

Die Oppositionsparteien betrachten die Autonomie als Knotenpunkt, der zu einer Regierungskrise in Rom führen könnte. Der Chef der Oppositionspartei "Piu Europa", Benedetto Della Vedova, warnte, dass die "differenzierte Autonomie" keine föderalistische, sondern eine "separatistische" Reform sei, die das Land spalten werde. Die Gefahr, dass infolge der Reform sich die Kluft zwischen Nord- und Süditalien vertiefe, sei real.

Die oppositionelle Forza Italia um Expremier Silvio Berlusconi rief Premier Conte auf, offen zuzugeben, dass seine Verhandlungen mit den Regionen für mehr Autonomie de facto gescheitert seien. "Die Autonomie ist ein Kernelement im Regierungsvertrag und keine Einigung ist zwischen Regierung und Regionen in Sicht", kritisierte Anna Maria Bernini, Fraktionschefin der Forza Italia-Senatoren.