CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer ist zur neuen deutschen Verteidigungsministerin ernannt worden. Bundesrats-Vizepräsident Michael Müller überreichte der 56-Jährigen am Mittwoch in Berlin die Ernennungsurkunde. Die bisherige RessortchefinUrsula von der Leyen, die als EU-Kommissionspräsidentin nach Brüssel wechselt, erhielt aus seinen Händen die Entlassungsurkunde.

Kramp-Karrenbauer muss nun noch vor dem Bundestag vereidigt werden. Dafür ist eine Sondersitzung des Parlaments am kommenden Mittwoch vorgesehen. Die Entlassung und Ernennung am Mittwoch auf Schloss Bellevue fiel Berlins Regierendem Bürgermeister Müller in Vertretung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zu. Dieser ist im Urlaub, Bundesratspräsident Daniel Günther auf Dienstreise in Afrika. Deswegen kam Müller als Bundesrats-Vizepräsident zum Zuge.

Ernennung gilt als große Überraschung

Günther begrüßte die Ernennung Kramp-Karrenbauers am Rande einer Reise in Namibia. Damit werde die Bundeswehr zur Chefsache, erklärte der schleswig-holsteinische CDU-Landeschef. Kramp-Karrenbauers Ernennung gilt als große Überraschung, hatte die CDU-Chefin doch noch vor zwei Wochen in einem Interview den Posten der Verteidigungsministerin abgelehnt und auf ihre Arbeit als Parteivorsitzende verwiesen. Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus sagte, das Verteidigungsressort sei eine Kernposition im Kabinett. "Da muss eine CDU-Parteivorsitzende auch zugreifen", sagte er im ZDF. "Wenn man sich schwierige Aufgaben nicht zutraut, dann ist man falsch in der Politik. Sie traut sich das zu."

Kramp-Karrenbauer, von der Leyen und Merkel
Kramp-Karrenbauer, von der Leyen und Merkel © AP

Die frühere saarländische Ministerpräsidentin war erst im Dezember zur Parteichefin der Christdemokraten gewählt worden. In den Medien wird sie als mögliche Nachfolgerin von Bundeskanzlerin Angela Merkel gehandelt. Diese nahm ebenfalls an der Zeremonie teil. Die Regierungschefin, die am heutigen Mittwoch ihren 65. Geburtstag feierte, nahm auf einem Sessel Platz. Hintergrund: Bei der Ernennung der SPD-Politikerin Christine Lambrecht zur Justizministerin Mitte Juni hatte Merkel einen ihrer inzwischen vier öffentlichen Zitteranfälle erlitten. Merkel hatte nach den Anfällen mehrfach betont, dass es ihr gut gehe. "Ich glaube, dass es so wie es gekommen ist, eines Tages auch vergehen wird", sagte sie vergangene Woche.

Müller sagte bei der Ernennung, dass Kramp-Karrenbauer ein Amt "mit größter Verantwortung für die Sicherheit unseres Landes und die Einsatzbereitschaft unserer Bundeswehr" übernehme. Es lägen "große Aufgaben" vor der neuen Ressortchefin: "Unser Land braucht eine starke Bundeswehr, und die Bundeswehr braucht starken Rückhalt in der Politik und in der ganzen Gesellschaft."

Müller dankte auch der scheidenden Ministerin von der Leyen. Ihre Berufung als erste Frau an die Spitze des Verteidigungsministeriums stehe für eine "Veränderung überkommener Rollenbilder", sagte Müller. Als Verteidigungsministerin habe sich von der Leyen "von Beginn an für eine Konsolidierung und Stärkung der Bundeswehr eingesetzt". Sie habe "materielle und finanzielle Defizite klar benannt und notwendige Reformen eingeleitet". Allerdings seien "nicht alle Mängel in der Ausstattung behoben". Noch bleibe "viel zu tun".

Kritik von der Opposition

Kritik an der neuen Ministerin gab es von der Opposition. "Nichts könnte die Geringschätzung der Bundeswehr durch die Bundeskanzlerin klarer ausdrücken als diese Personalie", erklärte Vizechef der FDP-Fraktion, Alexander Graf Lambsdorff. Kramp-Karrenbauer habe "keinerlei" außen- oder verteidigungspolitische Erfahrung

Linken-Chef Bernd Riexinger äußerte die Befürchtung, dass es unter Kramp-Karrenbauer mehr Außen- und Kriegseinsätze der Bundeswehr geben könnte. "Erst kürzlich hatte sie die Frage offengelassen, ob sich deutsche Bodentruppen am völkerrechtswidrigen Krieg in Syrien beteiligen sollten", sagte Riexinger der AFP. Hinzu komme, dass sie bisher als CDU-Chefin "durch Fehlentscheidungen und Unbeholfenheit" von sich reden gemacht habe. "Ihr Profil in Außen- und Sicherheitspolitik ist extrem schwammig".

Der Koalitionspartner SPD hielt sich zu Kramp-Karrenbauers Wechsel ins Kabinett zunächst zurück. Müller wünschte ihr bei der Ernennungszeremonie lediglich eine "glückliche Hand." SPD-Bundestagsabgeordneter Johannes Kahrs sagte dem "Spiegel" mit Blick auf ihre früheren Aussagen, nicht ins Kabinett wechseln zu wollen: "Ein Wortbruch ist kein guter Start für eine Verteidigungsministerin."