"Man muss sich keine Sorgen machen. Mir geht es gut“, winkte Angela Merkel ab. Beim Empfang des finnischen Regierungschefs Antti Rinne in Berlin hatte sie am Mittwoch erneut vor aller Welt einen Zitteranfall erlitten. Es war die dritte Attacke in gut drei Wochen. Natürlich wird angesichts dieser Häufung die Frage laut, ob die deutsche Kanzlerin ihrem Amt noch gewachsen ist. Denn nur wer körperliche Robustheit demonstriert, so scheint es, kann für politische Stabilität bürgen.
Es wäre nicht das erste Mal, dass die Gesundheit eines Politikers zum Politikum wird.

So ließ Alexander Van der Bellen im Bundespräsidentschaftswahlkampf einen Krebsspezialisten öffentlich Zeugnis über seinen Gesundheitszustand ablegen. Zu diesem Schritt sah sich der heutige Bundespräsident gezwungen, weil über ihn, den Raucher, immer wieder Gerüchte über eine mögliche Krebserkrankung kursierten. Der Befund des Arztes kulminierte in dem legendären Satz, der sich bald auf T-Shirts fand: „Er hat wirklich eine herrliche Lunge.“

Bundespräsident Alexander Van der Bellen
Bundespräsident Alexander Van der Bellen © APA/BUNDESHEER/PETER LECHNER


Weil Frankreichs Staatspräsident Georges Pompidou im Jahr 1974 überraschend starb, sollten französische Präsidenten danach periodisch über ihr gesundheitliches Befinden informieren. Getan haben sie das freilich nicht. François Mitterrand litt elf Jahre an Prostatakrebs, die Öffentlichkeit wurde aber erst nach seinem Tod über seinen langen Kampf informiert.


Der britische Premierminister Winston Churchill wiederum hatte nicht nur mit seiner Leibesfülle zu ringen, er litt auch unter Depressionen, am „schwarzen Hund“, wie er die Krankheit selbst nannte, die der Literaturnobelpreisträger mit Schreiben in den Griff zu bekommen suchte. Mitten im Zweiten Weltkrieg, 1941, erlitt er einen Herzanfall, den er mit Blick auf den Krieg geheim hielt. Auch als er Anfang der 1950er-Jahre nach einem Schlaganfall teilweise gelähmt war und vom Bett aus regieren musste, erfuhr dies die Öffentlichkeit nicht.

Winston Churchill
Winston Churchill © ORF


Als Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton 2016 bei den Gedenkfeiern zu 9/11 in New York einen Schwächeanfall erlitt und die Spekulationen von Parkinson bis zu Demenz reichten, veröffentlichte sie ein Bulletin ihrer Ärztin, das besagte, dass sie eine Lungenentzündung habe, die ausheilen müsse, und dass sie fit fürs Weiße Haus sei. Ihr Konkurrent Donald Trump machte daraufhin seine eigene Gesundheitsakte publik, mit der er belegen konnte topfit, wenn auch etwas zu dick zu sein.

Hillary Clinton bei der 9/11-Veranstaltung 2016
Hillary Clinton bei der 9/11-Veranstaltung 2016 © APA/AFP/BRENDAN SMIALOWSKI


Deutschlands Kanzler Helmut Schmidt litt regelmäßig unter Ohnmachtsanfällen: „Ich bin wahrscheinlich an die hundert Mal besinnungslos vorgefunden worden. Meistens nur wenige Sekunden, manchmal aber auch Minuten. Das haben wir mit Erfolg verheimlicht – und es hat mich nicht daran gehindert, meine Pflicht als Regierungschef zu tun“, sagte er der „Zeit“.


In Österreich sind die Bilder noch in Erinnerung, als im Jahr 1994 der damalige Außenminister Alois Mock die EU-Beitrittsverhandlungen Österreichs erfolgreich abschließen konnte. Mock war damals schon schwer von Parkinson gezeichnet, über seine Krankheit sprach er erst eineinhalb Jahre später.

Alois Mock beim Europakongress mit José Manuel Barroso anlässlich "10 Jahre Österreich in der EU"
Alois Mock beim Europakongress mit José Manuel Barroso anlässlich "10 Jahre Österreich in der EU" © APA

Ein völlig konträrer Fall war Papst Johannes Paul II., der sein jahrelanges Leiden und Sterben bewusst öffentlich machte. Für die Kirche und seinen Nachfolger war das eine große Herausforderung. Benedikt XVI. entschied sich 2013 dann auch gegen diesen Weg und trat mit der Begründung zurück, dass seine Kräfte für die Bürde des Petrusamts nicht mehr reichten.

Papst Johannes Paul II
Papst Johannes Paul II © epa ansa/Epa Ansa Capodanno