Bei Protesten in Georgien sind in der Nacht auf Freitag über 50 Menschen verletzt worden. Demonstranten versuchten in der Hauptstadt Tiflis zunächst vergeblich, das Parlamentsgebäude zu stürmen. Fernsehbilder zeigten, dass es zu Zusammenstößen mit der Polizei kam. Laut dem Gesundheitsministeriums sind 38 Sicherheitskräfte verletzt worden. Unter den Demonstranten habe es 16 Verwundete gegeben.

Live-Bilder im Fernsehen zeigten, wie Tausende Menschen vor dem Gebäude standen und Absperrungen der Polizei wegräumten. Rund 10.000 Menschen durchbrachen Polizeisperren und gelangten in den Innenhof des Parlaments, wurden aber zurückgedrängt. Die Beamten setzten Tränengas gegen die Demonstranten ein. Die Menge zerstreute sich zunächst, kam dann aber wieder zurück.

Rücktritt gefordert

Die Demonstranten forderten den Rücktritt von Parlamentspräsident Irakli Kobachidse. Hintergrund ist lokalen Medienberichten zufolge der Besuch einer russischen Delegation bei einer Tagung im Plenarsaal. Dabei habe ein Duma-Abgeordneter den Vorsitz der Tagung zu religiösen und politischen Fragen übernommen. Daraufhin rief die Opposition zu einer Demonstration auf. Sie befürchtet, dass Russland an Einfluss in der Ex-Sowjetrepublik gewinnen könnte.

Auf der Demonstration im Zentrum der Hauptstadt hielten viele Demonstranten die georgische und die EU-Flagge hoch und schwenkten Transparente mit der Aufschrift "Russland ist ein Besatzer". "Das ist ein spontaner Protest von ganz normalen Georgiern. Er wurde nicht von einer politischen Partei organisiert", sagte Giga Bokeria, Abgeordneter der oppositionellen Europäischen Partei Georgiens.

"Nicht hinnehmbar"

Der georgische Oligarch Bidsina Iwanischwili sagte, er teile "die aufrichtige Empörung der georgischen Bürger voll und ganz". Der ehemalige Regierungschef und Vorsitzende der Partei Georgischer Traum gilt als der starke Mann hinter den Kulissen. Er habe dem Parlamentspräsidenten gesagt, er solle die Sitzung unterbrechen. "Es ist nicht hinnehmbar, dass ein Vertreter des Besatzungslandes ein Forum im georgischen Parlament leitet."

Die georgische Präsidentin Salome Surabischwili kritisierte die Tagung als Versuch des Nachbarlandes, um politische Ziele zu verfolgen. "Für Russland ist dies die übliche Methode."

Das Verhältnis zum Nachbarn Russland ist zerrüttet. 2008 gab es einen kurzen Krieg. Dabei hatte die Südkaukasusrepublik ihre abtrünnigen Gebiete Abchasien und Südossetien endgültig verloren. Russland erkennt beide trotz internationaler Kritik als unabhängige Staaten an, Georgien dagegen nicht.