Das erste Treffen der deutschen Kanzlerin und des neuen ukrainischen Präsidenten stand unter keinen guten Vorzeichen. Ein dramatisch wirkender Vorfall beim Empfang mit militärischen Ehren wird zum Eisbrecher - wirft aber Fragen über Angela Merkels Gesundheit auf.

Es ist eine ungewöhnliche Szene an diesem heißen Dienstagmittag im Ehrenhof des Kanzleramts - auf manche wirken die Bilder ziemlich dramatisch. Angela Merkel steht links neben Wolodymyr Selenskyj auf einem mit rotem Stoff bezogenen Podest, die ukrainische Nationalhymne ist gerade zur Begrüßung des neuen Präsidenten verklungen. Als dann die ersten Töne der deutschen Nationalhymne zu hören sind, beginnen erst die Beine der Kanzlerin zu zittern. Ein paar Sekunden später schlottert ihr ganzer Körper.

Merkel beißt die Lippen zusammen, unbedingt darum bemüht, das Zittern zu unterdrücken und Haltung zu bewahren. Ein paar Sekunden später ist der Spuk vorbei: Die Kanzlerin, die eben noch den Hymnen zusammen mit Selenskyj laut Protokoll quasi reglos lauschen muss, kann endlich losgehen. Als sie zusammen mit dem Ukrainer die Ehrenformation des Wachbataillons der Bundeswehr abschreitet, wirkt es, als sei nichts gewesen. Eng nebeneinander laufen die Kanzlerin und der Präsident. Am Ende, bevor beide zum Gespräch ins Kanzleramt verschwinden, gestikuliert Merkel sogar lebhaft.

Nicht das erste Mal

Es ist nicht das erste Mal, dass die Kanzlerin mit derartigen Symptomen von Dehydrierung zu kämpfen hat - offensichtlich vergisst Merkel wie viele Menschen gelegentlich, genug zu trinken. Bei einem Besuch in Mexiko-Stadt im Juni 2017 macht ihr beim Empfang durch den damaligen Präsidenten Enrique Peña Nieto offensichtlich die Höhenluft in der auf über 2.000 Metern liegenden Hauptstadt zu schaffen. Auch damals zittern Merkel beim Abspielen der Nationalhymnen deutlich sichtbar die Beine - bis sie zum Abschreiten der Ehrenformation losgehen kann.

Auch damals wird Wassermangel als Erklärung genannt. Anfang Dezember 2014 muss Merkel am Rand eines CDU-Parteitags in Köln die Aufzeichnung eines ZDF-Interviews unterbrechen. Regierungssprecher Steffen Seibert sagt damals: "Die Bundeskanzlerin fühlte sich einen Augenblick lang nicht wohl, hat dann etwas gegessen und getrunken und die Interviews anschließend fortgesetzt." Dabei ist die Kanzlerin ansonsten international bekannt für ihre robuste Gesundheit. Ihre Konzentrationsfähigkeit selbst bei Nachtsitzungen wird weltweit gefürchtet. Nur Anfang 2014 muss Merkel nach einem Skiunfall beim Langlaufen im Winterurlaub drei Wochen lang viel liegen - damals nimmt sie nur wenige Termine wahr und arbeitet von zu Hause aus.

Gut eine Stunde nach den militärischen Ehren treten Merkel und Selenskyj nach ihrem Arbeitsmittagessen vor die Kameras. Es geht um die Krise auf der Krim und im Donbass, die Aggression von Russlands Präsident Wladimir Putin gegen die Ukraine, die Sanktionen gegen Moskau und natürlich die umstrittene Gaspipeline Nordstream 2. Und natürlich um die Szene zu Beginn des Besuchs.

Auf die Reporterfrage, ob sich die Bürger Gedanken über ihren Gesundheitszustand machen müssten, gibt sich die Kanzlerin entspannt. "Ich hab' inzwischen mindestens drei Gläser Wasser getrunken, das hat offensichtlich gefehlt. Und insofern geht es mir sehr gut", versucht Merkel, die Öffentlichkeit zu beruhigen. Und Selenskyj setzt kurz darauf charmant hinzu: "Was Frau Merkel anbelangt, so stand ich neben ihr. Und glauben Sie mir: Sie war in voller Sicherheit", übersetzt die Dolmetscherin.