Eines konnte Großbritanniens Außenminister Jeremy HuntDonald Trump versichern, als der am Flughafen Stansted Airport mit Gattin Melania die Gangway herunterspaziert kam. Sein Land, so Hunt, werde für den US-Präsidenten „eine großartige Show“ in Szene setzen – „weil Amerika unser engster Verbündeter ist“. Trump klopfte dem Minister auf die Schulter. Die „große Show“ war genau das, was er sich von diesem Besuch versprochen hatte. Deshalb waren außer Melania sämtliche vier erwachsene Trump-Sprösslinge angereist.

Handshake statt Verbeugung

Nicht nur für Ivanka und Donald Jr., sondern auch für Eric und Tiffany waren beim Festbankett, das Königin Elizabeth II. am Montagabend für die US-Gäste im Buckingham-Palast gab, an der königlichen Tafel Plätze reserviert. Mit ihrem perfekten Lächeln begrüßte die Monarchin den per Hubschrauber in ihrem Garten gelandeten Präsidenten und sah würdevoll darüber hinweg, dass Trump gegen jede Etikette nicht einmal mit dem Kopf höflich eine Verbeugung andeutete und ihr stattdessen die Hand schüttelte. Prinz Charles, der mit Trump die Ehrengarde der Bärenfellmützen abzunehmen hatte, wuselte hinter dem Gast her, so gut es ging. Ivanka, ihr Mann Jared Kushner und US-Botschafter Woody Johnson durften der Parade vom Balkon aus beiwohnen. Freundlicher Sonnenschein fiel auf die Bilderbuch-Szenerie des Buckingham-Palasts.

Vielleicht stimmte dieser Teil der „Show“ Trump versöhnlich, nachdem er sich in Tweets über die geringe Auswahl an US-amerikanischen TV-Programmen in der Residenz des US-Botschafters in Regent’s Park geärgert gezeigt hatte, wo er während seines London-Aufenthalts wohnt. Nur den verhassten CNN-Kanal konnte er finden.

Umso mehr Mühe gaben sich die Royals. Die Queen führte den Präsidenten durch die königliche Sammlung, um ihm Glanzstücke mit amerikanischem Bezug zu zeigen. Prinz Andrew begleitete Trump und seine Frau durch Westminster Abbey. Charles, der Prinz von Wales, lud Donald und Melania zum Afternoon Tea nach Clarence House. Er wird seine Mutter auch beim „Gegenbesuch“ heute bei den Amerikanern in der Botschafter-Residenz vertreten, so Woody Johnson ohne Fox News dann noch Botschafter sein sollte. Auch beim Ausflug zu den britischen D-Day-Gedenkfeiern in Portsmouth am Mittwoch steht Charles der Königin verlässlich zur Seite.

Ganz leichtfallen dürfte ihm dieser Einsatz nicht. Präsidenten und Prinzen verbindet wenig. Trumps Desinteresse am Klimawandel macht jede ernsthafte Debatte mit Charles, einem langjährigen engagierten Streiter für die Umwelt, ausgesprochen schwer.

Trump zieht vom Leder

Noch kitzliger war die Situation für Charles’ zweiten Sohn, Prinz Harry, der ohne seine Frau Meghan zum Bankett anrückte. Die Herzogin von Sussex war vier Wochen nach der Geburt des kleinen Archie entschuldigt. In Wahrheit hatte man die US-Bürgerin bei Hofe vorsichtshalber aus dem Verkehr gezogen. Immerhin war es Meghan gewesen, die einmal erklärt hatte, wenn der „Frauenhasser“ Trump Präsident werde, bleibe ihr nichts anderes übrig, als auszuwandern. Trump hatte sich dafür vor seiner Visite mit der Bemerkung revanchiert, er könne kaum glauben, wie „fies“ Meghan sich ihm gegenüber benommen habe. Anderntags behauptete er einfach, er habe Meghan „niemals fies genannt“. Das hätten ihm bloß die Lügenbolde von CNN und der „New York Times“ zugeschrieben.

Meghan war nicht die Einzige, die der Präsident bei dieser Reise mit boshaften Kommentaren bedachte. Beim Anflug auf Stansted hatte er den Londoner Labour-Bürgermeister Sadiq Khan in einem Tweet einen „stümperhaften“ und „saudummen“ Politiker, eben „einen totalen Loser“, genannt. Mit diesem Verdikt reagierte Trump auf Kahns Erklärung vom Vortag, der US-Präsident sei „das eklatanteste Beispiel für die Gefährdung der Grundwerte, die in den letzten 70 Jahren unsere liberalen Demokratien definierten.“

Ähnlich negativ hatte sich der Labour-Vorsitzende Jeremy Corbyn geäußert, der Trump vorwarf, wichtige internationale Verträge leichtfertig zu zerreißen, den Klimawandel zu leugnen und rassistische und frauenfeindliche Reden zu halten. Seinen Boykott des Staatsbesuchs, warnte der US-Präsident, werde Corbyn noch bereuen. Damit habe er wahrlich „einen Fehler gemacht“.

Außer Corbyn blieben der Chef der Liberaldemokraten, Sir Vince Cable, und der Sprecher des Unterhauses, John Bercow, den Empfängen für Trump fern. Der Bischof von Liverpool, Paul Bayes, nannte Trumps Politik „giftig und gefährlich“.

Für heute werden Zehntausende Demonstranten vor dem Parlament und auf dem Trafalgar Square erwartet. Mit Erlaubnis von Bürgermeister Khan darf auch der Baby-Trump-Ballon wieder über den Dächern Westminsters stehen, der schon im Vorjahr viel Gelächter auslöste.
Unterdessen warten Premierministerin May und dreizehn Tory-Kandidaten für ihre Nachfolge darauf, was ihnen bevorsteht, wenn sich Trump nach dem Zeremoniellen am Dienstag ums Politische kümmern will. Auf May glaubt der Präsident nicht mehr viel Rücksicht nehmen zu müssen. Auch sie zählt für ihn zu den „Losern“.

Im Scheinwerferlicht der „großen Show“, die Außenminister Hunt Trump versprach, wird sich dessen Vorgänger im Amt, Boris Johnson, nach vorn drängen wollen. Donald Trumps persönlicher Favorit – was für ein Zufall – startete gestern pünktlich zum Beginn des Präsidentenbesuchs seine eigene Wahlkampagne für den Einzug in No 10.