Das Excelsior-Gallia-Hotel ist die wohl exklusivste Adresse von Mailand. Zu seinen Glanzzeiten in den 30er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts stiegen gekrönte Häupter aus aller Welt hier ab.

Wenn Matteo Salvini, der hemdsärmelige Lega-Boss, am heutigen Montag zur großen Pressekonferenz im Art-Deco-Palast trommelt, weht allerdings ein plebejischerer Wind durch die noblen Gemäuer. „Für ein Europa des gesunden Hausverstands! Die Völker begehren auf“ lautet der Titel der Veranstaltung, die von Italiens mächtigem Vizepremier und Innenminister als Auftakt zum gemeinsamen EU-Wahlkampf rechtsnationaler Parteien in Europa gedacht ist.

Die Ziele sind hochgesteckt. Die Zusammenkunft soll die Geburtsstunde einer neuen Allianz von Europas rechtspopulistischen Parteien
für den Urnengang am 25. Mai sein, das Wiegenfest für eine nationalistische Internationale, mit der Salvini die großen europäischen Parteienfamilien, Volkspartei (EVP), Sozialdemokraten (PSE) und Liberale (ALDE), herausfordern will.

Die Voraussetzungen dafür scheinen günstig wie nie. Die Häufung von Krisen, allen voran die Migrationskrise, und der weitverbreitete Verdruss über die herrschenden Traditionsparteien hat die politische Landschaft in Europa ins Rutschen gebracht. Überall in der EU haben souveränistische Bewegungen Auftrieb. Besondere Euphoriker unter den neuen Nationalen träumten deshalb bereits von Matteo Salvini als gemeinsamem Spitzenkandidaten der Euroskeptiker aller Unionsländer für die EU-Wahlen.

Orbán und Kaczynski gehen eigene Wege

Aber aus Salvinis rechter Champions-League wird vorerst nichts. Zwar hat die Alternative für Deutschland (AfD) in Person von Jörg Meuthen für das heutige Spektakel ihr Kommen zugesagt und auch Anders Vistisen von der Dänischen Volkspartei und Olli Kotro von der Partei „Die Finnen“, beide im Europaparlament bisher Mitglied in der gemäßigt europakritischen Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer“, werden in Mailand mit von der Partie sein. An sich mit an Bord sind auch die FPÖ und das französische Rassemblement National von Marine Le Pen, die so wie der Vizekanzler Heinz-Christian Strache dem heutigen Treffen allerdings fernbleiben wird.

Mit beiden Parteien sitzt man im Europaparlament in Straßburg freilich schon seit 2015 mit mageren 37 von insgesamt 751 Sitzen in einer eigenen Rechtsaußen-Fraktion (Europa der Nationen und der Freiheit:
ENF). Alle diskreten Manöver der vergangenen Wochen und Monate, die europakritischen Kräfte des rechten Parteienspektrums zusammenzuführen und das Wahlbünd nis auf diese Weise auf eine breitere Basis zu stellen, sind jedoch gescheitert. So holte man sich sowohl bei Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán als auch bei der polnischen Regierungspartei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) eine Abfuhr.
Während Orbán trotz seiner gegenwärtig ruhiggestellten Mitgliedschaft in der Europäischen Volkspartei verbleiben möchte, löst bei PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski Salvinis Nähe zum Kreml Unbehagen aus.

Salvini gibt den Ton an in Europa

Der Lega-Boss platzt dennoch vor Selbstbewusstsein. Kein Wunder. Salvini ist der König von Europas Rechtspopulisten. Italien spielt derzeit die wichtigste Rolle beim Aufstieg der Rechtspopulisten. Diese
Hegemonie ist vor allem Salvinis kompromissloser Asyl-Politik geschuldet. AfD-Politker Meuthen kann sich den früheren EU-Abgeordneten Salvini sogar als künftigen EU-Kommissionspräsidenten vorstellen.

Doch der 46-jährige Mailänder hat andere Prioritäten. Nie hatte die Lega mehr Kredit bei den italienischen Wählern als dieser Tage. Die Forschungsinstitute prognostizieren ihr für hypothetische Parlamentswahlen um die 35 Prozent der Stimmen.