US-Präsident Donald Trump hat während seines Truppenbesuchs im Irak offenbar unbeabsichtigt den Stationierungsort eines Teams der US-Spezialeinheit Navy Seals öffentlich gemacht.

Trump veröffentlichte im Kurzbotschaftendienst Twitter ein Video, das ihn zeigt, wie er mit US-Soldaten posiert, Hände schüttelt und Autogramme gibt. In einer Szene reckt er an der Seite von Soldaten, bei denen es sich offenbar um Spezialkräfte handelt, den Daumen in die Höhe.

Laut Protokoll des Truppenbesuchs hatte ein Mann namens Kyu Lee dem US-Präsidenten in einem Speisesaal des Luftwaffenstützpunktes Al-Asad gesagt, er sei der Militärgeistliche von Navy Seal Team 5. Nach Lees Aussage entgegnete Trump darauf: "Hey, wenn das so ist, lasst uns ein Foto machen."

Üblicherweise wird der Standort von Spezialkräften der US-Armee geheim gehalten. Wenn ihre Mitglieder auf Fotos oder Filmen aus Einsatzgebieten zu sehen sind, werden ihre Gesichter und andere Eigenheiten, mit denen sie identifiziert werden könnten, unkenntlich gemacht.

Terrorgefahr

Malcolm Nance, ein früherer Geheimdienstspezialist bei der US-Armee, sagte dem Magazin "Newsweek", wenn die Identität von Spezialkräften öffentlich werde, bestehe die Gefahr, dass sie "von einer feindlichen Regierung inhaftiert oder von einer terroristischen Gruppe gefangen genommen" würden. Das US-Kommando für Spezialeinsätze (Socom) äußerte sich auf Anfrage zunächst nicht zu dem Vorfall.

Ein Treffen mit dem irakischen Ministerpräsidenten Adel Abdul Mahdi kam nicht zustande. Mahdis Büro nannte Meinungsverschiedenheiten über die Art des Treffens als Grund. Nach Angaben irakischer Parlamentarier lehnte Mahdi den US-Militärstützpunkt als Ort des Treffens ab. Trumps Sprecherin sagte, ein direktes Gespräch habe aus Sicherheitsgründen und wegen der Kurzfristigkeit des Besuchs nicht stattgefunden. Trump habe aber ein großartiges Telefongespräch mit Mahdi geführt. Dieser habe eine Einladung nach Washington angenommen.

Sabah al-Saadi, der Fraktionschef des Islah-Blocks im Parlament, forderte eine Dringlichkeitssitzung, "um über die unverhohlene Verletzung der irakischen Souveränität zu debattieren". Diese aggressiven Handlungen Trumps sollten gestoppt werden, erklärte er. Trump müsse seine Grenzen kennen; die US-Besetzung Iraks sei vorüber. Anführer der Islah ist der populistische Schiitenprediger Muktada al-Sadr, der schon lange gegen die Anwesenheit von US-Truppen in Irak kämpft. Er führte zwei Aufstände gegen sie an und ist einer der wenigen schiitischen Führer in Irak, der sich von Iran distanziert.

Auch der Bina-Block, Islahs Rivale im Parlament, lehnte den Trump-Besuch ab. Er sei eine flagrante und eindeutige Verletzung diplomatischer Normen, erklärte die Fraktion, die von dem Milizenchef Hadi al-Amiri angeführt wird. Dieser genießt die Unterstützung des Iran.

Truppenbesuche des US-Präsidenten in Kriegsgebieten werden vorher nicht angekündigt. Trump sagte, bei dem Besuch in Irak sei er vor allem um die Sicherheit seiner Frau Melania besorgt gewesen, die ihn begleitet hatte. Trumps Besuch in Irak dauerte etwas mehr als drei Stunden. Auf seinem Rückflug machte er für etwa eine Stunde auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein im deutschen Bundesland Rheinland-Pfalz Station.

Im Irak will er bleiben

Vor US-Soldaten auf dem Luftwaffenstützpunkt Al-Asad westlich von Bagdad begründete Trump am Mittwoch noch einmal seine Entscheidung, die Soldaten aus Syrien abzuziehen. Es sei niemals beabsichtigt gewesen, dort eine ständige Militärpräsenz aufrechtzuerhalten. Möglich sei der Abzug durch die Zerschlagung der Extremistenmiliz Islamischer Staat (IS) geworden. Aus dem Irak wolle er sich nicht zurückziehen. Man könnte das Land nämlich als Stützpunkt verwenden, falls die "USA etwas in Syrien unternehmen" müssten.

Trump nutzte seinen Kurztrip im Irak, um einen radikalen Kurswechsel in der US-Außenpolitik zu verkünden. Die USA "können nicht mehr der Weltpolizist sein", betonte er. "Wir sind auf der ganzen Welt verteilt. Wir sind in Ländern, von denen die meisten Menschen noch nicht einmal gehört haben. Ehrlich gesagt, es ist lächerlich." Die USA wollten nicht mehr die "Deppen" sein, fügte er hinzu.

Die Entscheidung zum Abzug aus Syrien war von US-Abgeordneten, Senatoren und auch den Verbündeten der USA scharf kritisiert worden. Verteidigungsminister James Mattis brachte seine Kritik an Trumps Entscheidung mit seinem Rücktritt zum Ausdruck. Der deutsche Publizist und Ex-Abgeordnete Jürgen Tödenhöfer sagte am Donnerstag im Deutschlandfunk, der Abzug sei eine Mischung aus militärischer Niederlage, Feigheit und Verrat an den Kurden, mit denen die USA bisher verbündet gewesen seien.

Der US-Abzug könnte vor allem der Türkei in die Hände spielen, die gegen kurdische Kämpfer in Nordsyrien vorgeht. Während die Türkei seit dem Wochenende Konvois mit Kriegsgerät an die Grenze verlegte, rückten pro-türkische Rebellen in Richtung der von den Kurden kontrollierten Provinz Manbij vor. Auch das syrische Regime verlegte Soldaten in die Region, um sich für den erwarteten türkischen Angriff zu wappnen.

Insidern zufolge denkt Trump auch über eine deutliche Reduzierung der US-Truppen in Afghanistan nach. Mehr als 5.000 der 14.000 US-Soldaten dort könnten in ihre Heimat zurückkehren, hatte ein mit dem Vorhaben vertrauter Regierungsmitarbeiter gesagt. Der frühere deutsche Armeechef Harald Kujat sagte dem "Tagesspiegel", dass für diesen Fall auch ein Abzug der 1.100 deutschen Soldaten zu erwarten sei. "Wenn die Vereinigten Staaten sich bis auf ein Restkontingent aus Afghanistan zurückziehen, gibt es auch für uns keinen Grund mehr, diesen Einsatz fortzusetzen", verwies er etwa auch auf Sicherheitsprobleme.

Die Taliban forderten indes einen vollständigen Abzug der USA aus Afghanistan. Sollte dies nicht erfolgen, drohe den USA eine "Demütigung" wie der Sowjetunion in den 1980er Jahren, erklärte die radikalislamische Miliz in einer Botschaft zum 39. Jahrestag der sowjetischen Invasion in Afghanistan.