Papst Franziskus hat am Sonntag sieben Katholiken heiliggesprochen. Zu ihnen zählte der wegen seines Verbots der Antibabypille umstrittene Papst Paul VI., der ermordete salvadorianische Erzbischof Oscar Romero und die deutsche Nonne Maria Katharina Kasper. Zehntausende Pilger aus der ganzen Welt wohnten der Zeremonie auf dem Petersplatz in Rom bei. Wer waren die künftigen Heiligen?

DER PAPST UND DIE PILLE

Paul VI., dessen bürgerlicher Name Giovanni Battista Montini lautete, stand von 1963 bis zu seinem Tod 1978 an der Spitze der katholischen Kirche. Wegen seines Verbots der Antibabypille ist Paul VI. bis heute umstritten. In seine Amtszeit fiel aber auch der Abschluss des Zweiten Vatikanischen Konzils, das wichtige Reformen in der Kirche anstieß.

Paul VI. war zudem das erste katholische Kirchenoberhaupt, das - ähnlich wie Franziskus heute - den Prunk des Papsttums ablehnte. So legte er die Tiara, die traditionelle Papstkrone, kurz nach seiner Wahl ab und spendete deren Gegenwert für die Armen. Als erster Papst hielt er zudem wöchentliche Generalaudienzen auf dem Petersplatz ab und bereiste alle Kontinente, um mit den Gläubigen in Kontakt zu kommen.

DER SÜDAMERIKANISCHE BEFREIUNGSTHEOLOGE

Der ehemalige Erzbischof des mittelamerikanischen Staats El Salvador, Oscar Romero, war vatikanintern lange heftig umstritten. Konservativen Kreisen stieß übel auf, dass er sich für besitzlose Bauern einsetzte und gegen soziale Ungerechtigkeit kämpfte. 1980 wurde Romero während einer Messe ermordet. Es folgte ein blutiger Bürgerkrieg.

Konservative Gruppen im Vatikan hatten sich lange gegen die Erhebung des ermordeten Erzbischofs in den Heiligenstand gewehrt. Doch 2015 machte Franziskus den Weg zur Seligsprechung frei.

DIE NONNE AUS DEM WESTERWALD

Maria Katharina Kasper (1820-1898) stammte aus einer Bauernfamilie im Westerwald. 1845 rief sie mit weiteren Frauen aus ihrem Dorf Dernbach einen Verein ins Leben, der sich um Arme und Kranke kümmerte. Später wurde der Verein in eine religiöse Genossenschaft umgewandelt.

1870 erkannte der Vatikan die Vereinigung als Gemeinschaft der "Armen Dienstmägde Jesu Christi" an. Die Kongregation wurde ihrer Gründerin unterstellt. Kasper wurde bereits 1978 selig gesprochen - von Papst Paul VI., der nun am selben Tag wie die deutsche Nonne in den Heiligenstand erhoben wird.

Feierliche Zeremonie auf dem Petersplatz

Der Papst verlas feierlich die Formel, mit der Paul VI. und die anderen sechs Seligen in das Verzeichnis der Heiligen der katholischen Kirche aufgenommen wurden. Die Zeremonie fand im Rahmen der Bischofssynode zum Thema Jugend im Vatikan statt. Zu den Prominenten, die der Heiligsprechung beiwohnten zählten der italienische Präsident Sergio Mattarella, sowie Spaniens Ex-Königin Sofia, Chiles Präsident Sebastian Pinera Echenique sowie Panamas Staatsoberhaupt Juan Carlos Varela Rodriguez.

Benedikt XVI. nahm an der Zeremonie im Unterschied zu früheren Heiligsprechungen nicht teil. Kardinal Angelo Becciu, Präfekt der Heiligsprechungskongregation, begründete dies damit, der inzwischen 91-jährige emeritierte Papst sei nicht mehr so agil wie noch vor wenigen Monaten.

Paul VI. war von 1963 bis 1978 Pontifex. Er beendete erfolgreich das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965), das als wegweisend für die Erneuerung der Kirche gilt. Bekannt ist er vor allem, weil er am Verbot der Verwendung künstlicher Verhütungsmittel wie der Pille strikt festhielt. Seine Kritiker nannten ihn deshalb "Pillen-Paul".

Romero, den 1980 ein Mitglied eines rechtsgerichteten Todesschwadron erschoss, gilt als Märtyrer der katholischen Kirche. Er setzte sich für die Belange der Armen ein und brachte damit die reichen Eliten und das Militär in El Salvador gegen sich auf.

Freude auch in Österreich

Die Heiligsprechungen von Papst Paul VI. (1963-1978) und des salvadorianischen Märtyrer-Erzbischofs Oscar Romero (1917-1980) sind ein Zeichen der Unterstützung für das aktuelle soziale und entwicklungspoltische Engagement von Katholiken und eine Rückenstärkung für die Anliegen der Weltkirche: Mit diesem Tenor haben Vertreterinnen und Vertreter der katholischen Kirche in Österreich ihre Freude über die Heiligsprechungsfeier mit Papst Franziskus am Sonntag in Rom zum Ausdruck gebracht.

"Papst Paul VI. hat aus seiner Zeit heraus unseren heutigen Blick entscheidend geprägt: die ganzheitliche Entwicklung des Menschen, den Anspruch an die Stärkung aller Menschen und die Verantwortung der Wirtschaft im Dienste der Gemeinschaft sind Werte, die uns auch heute noch leiten", hob "Weltkirche"-Bischof Werner Freistetter laut Kathpress am Freitag hervor. "Die schwierigen Fragen nach Wegen der ganzheitlichen Entwicklung gerade auch in Bezug auf unsere Verbindung zur Schöpfung werden von Papst Franziskus neu gestellt und als Weltkirche sind wir gefordert, darauf Antworten zu geben", erinnerte der Vorsitzende der Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz für internationale Entwicklung und Mission (KOO) in einer Pressemitteilung.

Oscar Romero wiederum ist aus Sicht der Theologin und El-Salvador-Expertin Julia Stabentheiner wegen seines Engagements für die Opfer eines ungerechten Systems eine Leitfigur, wie die Leiterin des kirchlichen EZA-Netzwerks Welthaus Innsbruck in derselben Aussendung betonte. "Nicht nur durch Mildtätigkeit, sondern indem er klar und deutlich lebensfeindliche Strukturen und Schuldige benannte und zur Umkehr aufforderte, hat er sich zum Anwalt der Ärmsten gemacht", erklärte Stabentheiner, die sich seit Studien- und Forschungsaufenthalten in San Salvador intensiv mit Erzbischof Romero befasst: "Das ist, was auch heute von uns gefordert ist, stets an der Seite der Armen und Ausgeschlossenen zu sein und unsere Stimme zu erheben."

Oscar Romero hatte "das eine Ohr beim Evangelium und das andere bei den Armen seines Landes", hielt auch die Direktorin der Katholischen Sozialakademie Österreich (ksoe), Magdalena Holztrattner, zur Heiligsprechung in einem Interview mit der Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag" fest. Romeros Botschaft wirke im Denken, Fühlen, Reden und Tun vieler Menschen bis heute weiter. Durch die Heiligsprechung werde dies nun für Christen in aller Welt bestätigt. "Sein Einsatz für die Armen und für Gerechtigkeit ist ein Vorbild für alle Gläubigen dieser Welt", sagte Holztrattner. Das Vorbild Romeros ermutige dazu, "vom Evangelium bewegt, mutig, deutlich, und prophetisch aufzutreten für eine menschliche Gesellschaft, für gerechte politische Strukturen, für sozial und ökologisch nachhaltiges Wirtschaften, einen starken Sozialstaat und den achtsamen, enkeltauglichen Umgang mit unserer Mitwelt".

"Richtungsweisend"

Große Freude über die Heiligsprechung Romeros gibt es auch bei der Katholischen Männerbewegung Österreichs (KMBÖ), für deren entwicklungspolitisches Engagement über die Aktion "Sei so frei" der salvadorianische Erzbischof ebenfalls richtungsweisend ist. Der KMBÖ-Vorsitzende Leopold Wimmer kündigte am Freitag an, dass eine kleine Delegation der heimischen Katholischen Männerbewegung bei der Heiligsprechungsfeier am Sonntag auf dem Petersplatz dabei sein werde, um Romero als "die Stimme der Armen und Benachteiligten in El Salvador" und seinen Einsatz für soziale Gerechtigkeit und die Einhaltung der Menschenrechte zu würdigen.

In Erinnerung an Romero vergibt die KMBÖ seit den 1980er Jahren den mit 10.000 Euro dotierten Romero-Preis an Personen, die sich in besonderer Weise für Gerechtigkeit, Menschenrechte und Entwicklung in Afrika und Lateinamerika einsetzen. Heuer wird damit Mitte November in Salzburg Francisco Jose San Martin Baldwin ausgezeichnet, der in Peru eine Organisation zur Förderung von Kleinbetrieben gegründet hat, die dazu beigetragen hat, dass sich tausende Menschen aus Armut befreien konnten.

Zu den bisherigen Romero-Preisträgern gehört auch die Brasilianerin Janira Jesus Souza de Franca, die 1992 für ihren Einsatz für die Rechte von Landlosen, Kleinbauern und indigenen Völker ausgezeichnet wurde. "Romero wird weiterhin die Brücke sein hin zu den Bitten der Allerärmsten in ihrem Kampf um Leben und Würde, um Land, Wohnraum, Gesundheit und Bildung. Romero stärkt uns in unserer Hoffnung", hielt sie im Vorfeld der Heiligsprechung fest.