Eine Aufhebung der 2015 eingeführten Grenzkontrollen könne erst erfolgen, wenn der Schutz der Außengrenzen tatsächlich funktioniere. "Das war ja auch die Voraussetzung für Schengen", erklärte Innenminister Herbert Kickl. Er könne außerdem das "Bedürfnis der Bevölkerung nach Sicherheit und Kontrolle nicht einfach ignorieren".

EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos hatte am Donnerstag in einem Zeitungsinterview jene Mitgliedsstaaten aufgefordert, die derzeit trotz Schengen Grenzkontrollen durchführen, diese so schnell wie möglich wieder aufzuheben und zur "normalen Funktionsweise von Schengen" zurückzukehren, da nun die Verbesserung des Grenzschutzes auf den Weg gebracht worden sei. Die Union plant unter anderem, die EU-Grenzschutzagentur Frontex bis 2020 massiv auszubauen.

Kickl sagte dazu, dass Österreich "nicht in allen Punkten ganz einig mit der Kommission" sei. Avramopoulos will am heutigen Donnerstag in Brüssel die Vorschläge der Kommission zur Migrationspolitik vorstellen. Am Freitag nimmt er an der Innenminister-Konferenz in Wien teil, dann wird es hauptsächlich um die Zusammenarbeit mit nordafrikanischen Staaten gehen.

Im Schengenraum, dem 22 EU-Staaten angehören, gibt es in der Regel keine stationären Personenkontrollen an den Grenzen. Nach der "Flüchtlingskrise" 2015/2016 führten jedoch neben Österreich auch Deutschland, Frankreich, Dänemark, Schweden und das Nicht-EU-Land Norwegen vorübergehend wieder Grenzkontrollen ein. Die Staaten begründen das mit Sicherheitsproblemen, die aus der Flüchtlingskrise resultieren.

Derzeit will Kickl nicht über legale Wege der Migration reden. "Darüber können wir reden, wenn wir bei den Bemühungen, die illegale Migration zu bekämpfen, entsprechende Erfolge erzielt haben", sagte der Innenminister in Hinblick auf die Rede des EU-KommissionspräsidentenJean-Claude Juncker am Vortag. Es sei mit dem EU-Umverteilungsprogramm (Relocation) bereits einmal passiert, dass die EU versucht habe, "etwas zu verordnen, was niemand haben wollte". Das anlässlich der Flüchtlingskrise im Jahr 2015 von Österreich mitbeschlossene Programm sollte die besonders betroffenen Staaten Italien und Griechenland entlasten.

In Bezug auf die geplante Ausweitung des Frontex-Einsatzes und die Stärkung der EU-Grenzschutzagentur betonte Kickl, dass es wichtig sei, "dass die Kontrolle bei den Nationalstaaten bleibt". Ein "Drüberfahren und Zurückstellen der Souveränität" der einzelnen Länder dürfe es nicht geben, "das wäre der falsche Weg", so Kickl.

Paradigmenwechsel

Bezüglich eines besseren Außengrenzschutzes und bezüglich rascherer Rückführungen sah sich Kickl in der Rede des EU-Kommissionspräsidenten bestätigt. "Offensichtlich ist dieser Paradigmenwechsel jetzt durchgedrungen", sagte der Innenminister.

Juncker hatte am Mittwoch in seiner jährlichen Rede zur Lage der Europäischen Union den österreichischen EU-Ratsvorsitz aufgefordert, zukunftsfähige Lösungen in der Migrationspolitik auszuarbeiten. Die EU könne nicht über jedes ankommende Schiff streiten. "Ad-hoc-Lösungen reichen nicht aus", sagte Juncker. Laut den Plänen der EU-Kommission soll die Grenzschutzagentur Frontex gestärkt und die Zahl der europäischen Grenzschutzbeamten bis 2020 auf 10.000 erhöht werden. Außerdem soll die EU-Grenzschutzagentur ausgebaut werden, um die EU-Staaten bei Asylverfahren zu unterstützen. Illegale Einwanderer sollen schneller abgeschoben werden können, außerdem sollen legale Einwanderungswege geschaffen werden.

Neben den Ministern werden bei der Konferenz auch der EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos, EU-Sicherheitskommissar Julian King, der Anti-Terrorismus-Koordinator der EU, Gilles de Kerchove, sowie Frontex-Direktor Fabrice Leggeri, Vertreter von Interpol, Europol, der Internationalen Organisation für Migration (IOM) oder dem UNO-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) erwartet.