Caritas-Präsident Michael Landau hat sich für einen sogenannten "Marshall-Plan" für Afrika zur Förderung der lokalen Wirtschaft ausgesprochen. "Nur durch Stabilität in Afrika wird eine langfristige Lösung der Migrationsfrage möglich sein", sagte Landau im Interview mit dem "Kurier". "Eine Partnerschaft von Afrika und Europa könnte eine Win-win-Situation für alle sein."

Aus Sicht der Caritas sollte ein solcher Marshall-Plan aus vier Säulen bestehen. "Erstens geht es um Frieden und Rechtsstaatlichkeit, in einzelnen Ländern um Korruptionsbekämpfung. Die zweite Säule betrifft Investitionen in Bildung und kleinbäuerliche Landwirtschaft", führte Landau aus. "Drittens geht es um Partnerschaften in Wirtschaft und Handel - auch, um viertens ein Sozialsystem aufbauen und die schlimmste Armut abfedern zu können."

Handelspolitik schuld an Armut

Eine der wichtigsten Ursachen für die in vielen Ländern massive Armut sei die Handelspolitik der Industrienationen. "Afrika könnte sich selbst ernähren. Stattdessen gibt der Kontinent jährlich 36 Milliarden US-Dollar für den Import von Lebensmitteln aus, weil die Märkte in Afrika von ausländischen, billigen Waren überschwemmt werden. Zudem pachten große Konzerne Land zur Agrartreibstoffgewinnung statt für Nahrungsmittel", sagte Landau.

Als Brückenbauer agieren

Die österreichische Bundesregierung forderte Landau auf, im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft als Brückenbauer zu agieren. "Gerade ein kleines Land, dem man keine Machtambitionen nachsagen kann, das keine koloniale Vergangenheit hat, kann sich für und in Afrika engagieren", meinte er. "Kanzler Kurz hätte, da bin ich mir sicher, bei einem etwaigen EU-Afrika-Gipfel in Wien starke Verbündete an seiner Seite. Es geht darum, die Hilfe für Afrika auf die Agenda zu bringen."

"Tun zu wenig"

In finanzieller Hinsicht tut Österreich nach der Meinung Landaus zu wenig. "Es ist seitens der Regierung immer wieder unter dem Stichwort 'Hilfe vor Ort' angekündigt worden, die Mittel zu erhöhen, aber es ist nichts geschehen. Die Hilfe wurde gekürzt statt verstärkt", betonte er. Daher gelte es "in einem ersten Schritt, die Mittel für die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit und jene für den Auslandskatastrophenfonds substanziell aufzustocken".

Als Marshall-Plan wird die Wirtschaftshilfe der USA für die Volkswirtschaften in Westeuropa nach dem Zweiten Weltkrieg bezeichnet. Namensgeber ist der ehemalige US-Außenminister George C. Marshall, in dessen Amtszeit und unter dessen Federführung das Programm entstand.