Simbabwe wählt einen neuen Präsidenten: Es ist die erste Abstimmung seit knapp vier Jahrzehnten, bei der der vom Militär gestürzte Langzeitpräsident Robert Mugabe nicht mehr zur Wahl steht. Dessen Nachfolger Emmerson Mnangagwa geht als Favorit ins Rennen, doch Oppositionsführer Nelson Chamisa liegt Umfragen zufolge dicht hinter ihm.

An einigen Wahllokalen in Harare bildeten sich am Montagvormittag bereits lange Schlangen. Für Simbabwe ist es eine Richtungsentscheidung: Mnangagwa (75) war lange Minister und später Mugabes rechte Hand, er ist ein Vertreter der alten Garde. Sein Wahlsieg würde die Herrschaft der Regierungspartei Zanu-PF in ein viertes Jahrzehnt verlängern. Der 40-jährige Chamisa vom Oppositionsblock MDC hingegen, ein gelernter Jurist und eloquenter Pastor, steht für einen Neuanfang. Sollte keiner der Kandidaten eine Mehrheit erzielen, würde am 8. September eine Stichwahl stattfinden.

"Wir werden diese Wahl gewinnen", sagte Chamisa bei der Stimmabgabe in Kuwadzana, einem der ärmeren Viertel der Hauptstadt Harare. Eine Wählerin dort sagte, es sei Zeit für "einen radikalen Wechsel in Simbabwe". Sie wähle Chamisa, sagte Miriam Mundaringisa (38), "weil wir ein neues Simbabwe brauchen, nicht Mnangagwas falsche Versprechen." Eine Erstwählerin, Melinda Matukuturi (21), sagte, sie werde für Mnangagwa stimmen, weil er "eine Vision" für das Land habe.

Die Wahlen gelten nicht als perfektes Modell einer demokratischen Abstimmung, Beobachter sprechen jedoch von der freiesten und fairsten Wahl in Simbabwe seit vielen Jahren. Die Opposition kritisierte im Vorfeld, dass die Wahlkommission parteiisch sei. Zudem hätten Mnangagwa und seine Partei Zanu-PF die Ressourcen der Regierung - inklusive der staatlichen Medien - schamlos für ihren Wahlkampf missbraucht, so Chamisa. Erstmals seit vielen Jahren werden bei der Wahl auch wieder Wahlbeobachter aus den USA und der EU zugegen sein.

Die rund 5,7 Millionen Wahlberechtigten können sich zwischen 23 Kandidaten entscheiden, doch nur Mnangagwa und Chamisa werden ernsthafte Chancen eingeräumt. Erste Ergebnisse sollen am Wochenende bekanntgegeben werden.

Überraschung

Die vielleicht größte Überraschung des Wahlkampfs kam am Sonntag: Ex-Präsident Mugabe lud nach Monaten des Schweigens zu einer Pressekonferenz ein und sagte, er könne Mnangagwa und die jahrzehntelang von ihm geführte Regierungspartei Zanu-PF nicht wählen. "Ich kann nicht für jene stimmen, die mich schikaniert haben", sagte er. Daher gebe es neben Oppositionsführer Chamisa kaum andere Optionen, sagte er zum Erstaunen aller Beobachter. Mugabe ging in seiner Amtszeit häufig brutal gegen Chamisas Oppositionspartei MDC vor.

Präsident Mnangagwa nutzte Mugabes Steilpass, um sich vom Ex-Präsidenten zu distanzieren. Eine Stimme für Chamisa sei eine Stimme für Mugabe, sagte er in einer Videobotschaft am Sonntagabend. Chamisa wies eine angebliche Allianz mit Mugabe als Unsinn zurück.

Wer auch immer die Wahl gewinnt, steht vor enormen Herausforderungen. Infolge von Mugabes gescheiterter Wirtschaftspolitik ist Simbabwes Wirtschaftsleistung heute der Weltbank zufolge mit rund 900 US-Dollar (774,19 Euro) pro Kopf niedriger als 1980. Wegen einer Hyperinflation wurde 2009 der US-Dollar als Währung eingeführt, was zu einer tiefen Krise geführt hat. Es herrscht Rekordarbeitslosigkeit. Und das, obwohl Simbabwe großes Potenzial hat: Rohstoffe wie Diamanten, eine gut ausgebildete Bevölkerung und ein gutes Klima für die Landwirtschaft.

Mugabe hatte sein Amt im November infolge eines Militärputsches aufgegeben. Zanu-PF machte daraufhin seinen früheren Vize Mnangagwa zum Präsidenten. Mugabe hatte Simbabwe seit der Unabhängigkeit von Großbritannien 1980 regiert - zuletzt mit zunehmend harter Hand.

Mnangagwa, der wegen seiner Skrupellosigkeit oft "das Krokodil" genannt wird, war Menschenrechtlern zufolge in den 1980er-Jahren als Geheimdienstminister einer der Architekten der Massaker in der Region Matabeleland. Dabei wurden Tausende Menschen der Ndebele-Volksgruppe getötet.

Doch nun gibt er sich als geläuterter Demokrat, der Reformen anstrebt und der simbabwesischen Bevölkerung mehr Freiheit zugestehen will. Er versuchte zuletzt, Investoren ins Land zu holen, um die am Boden liegende Wirtschaft anzukurbeln. Viele Investoren halten sich allerdings mit einem Engagement in dem rohstoffreichen Land zurück, weil sie die Wahlen abwarten wollen.