In der Affäre um Prügelattacken von einem Mitarbeiter des französischen Präsidialamtes auf Demonstranten steigt der Druck auf Präsident Emmanuel Macron. Oppositionsparteien forderten am Samstag die Aufklärung der Vorfälle. Während Innenminister Gerard Collomb am Montagmorgen im Parlament zu der Angelegenheit angehört werden soll, schweigt der Präsident weiterhin.

Der Polizeigewahrsam des beschuldigten Sicherheitsmitarbeiter Alexandre Benalla wurde indes verlängert. Der Skandal war diese Woche mit der Veröffentlichung mehrerer Videos durch die Zeitung "Le Monde" ins Rollen gekommen. Darauf ist zu sehen, wie der 26-jährige Benalla Teilnehmer einer Kundgebung am 1. Mai in Paris heftig angeht und schlägt. Er trug dabei einen Polizeihelm, obwohl er kein Polizist ist. Nach Regierungsangaben hatte er die Erlaubnis zur "Beobachtung der Polizeioperationen".

Wohnung durchsucht

Am Freitag nahm die Polizei Benalla in Gewahrsam, am Samstagmorgen durchsuchte sie seine Wohnung. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm unter anderem vor, als öffentlicher Amtsträger Gewalt angewendet und sich als Polizist ausgegeben zu haben. Auch ein Mitarbeiter von Macrons Partei La Republique en Marche, Vincent Crase, wurde in Polizeigewahrsam genommen, weil er nach Regierungsangaben bei den Demonstrationen seine Kompetenzen überschritt.

Zudem wurden im Zusammenhang mit den Ermittlungen drei Polizisten zunächst suspendiert und dann festgenommenen. Sie sollen Benalla Videomaterial von Überwachungskameras der Stadt Paris beschafft haben. Zwei von ihnen sind leitende Beamte der Pariser Polizei.

Nach Angaben der Polizeipräfektur wurden Videoüberwachungsbilder von den Demonstrationen am 1. Mai "am Abend des 18. Juli zu Unrecht an Dritte weitergegeben" - zu dem Zeitpunkt, an dem "Le Monde" den Vorfall aufdeckte. Innenminister Collomb verurteilte das Verhalten der Beamten scharf.

Anhörung am Montag

Am Montag soll Collomb im Rechtsausschuss der Nationalversammlung in der Angelegenheit befragt werden. Die Anhörung werde öffentlich sein und übertragen werden, kündigte die Ausschussvorsitzende Yael Braun-Pivet an. Abgeordnete der Opposition forderten Collombs Rücktritt, sollte er frühzeitig von dem Vorfall gewusst und nichts unternommen haben.

Im Präsidialamt war Benallas Prügelattacke bereits am Tag nach der Demonstration bekannt geworden. Er wurde nach Angaben der Präsidentschaft im Mai für zwei Wochen ohne Bezahlung suspendiert und in die Verwaltung versetzt. Wer genau von dem Vorfall wusste, blieb zunächst unklar. Auch soll Benalla seitdem wieder im Einsatz gewesen sein. Erst am Freitag kündigte das Präsidialamt seine Entlassung an.

Der Chef der konservativen Oppositionspartei Les Republicains, Laurent Wauquiez, sieht darin den "Versuch, eine Staatsangelegenheit hinter einem sehr späten Entlassungsverfahren zu verschleiern". Konservative, Rechtspopulisten und Linke im Parlament forderten Anhörungen weiterer hoher Regierungsbeamter. Macrons Stabschef Patrick Strzoda war bereits am Donnerstag von den Ermittlern als Zeuge befragt worden.

Macron selbst, der sich bisher nicht zu der Angelegenheit geäußert hat, steht enorm unter Druck. Benalla "wird sich vor Gericht verantworten müssen, aber Emmanuel Macron wird sich vor den Franzosen verantworten müssen", sagte Oppositionschef Wauquiez, der Zeitung "Le Figaro".

Bei seinem Amtsantritt hatte Macron angekündigt, Moral und Transparenz in Frankreichs skandalgeplagte Politik zurückzubringen. Benalla war während des Präsidentschaftswahlkampfs im vergangenen Jahr für Macrons Sicherheit zuständig und arbeitete nach dessen Wahl im Elysee-Palast.