Die spanische Tageszeitung "El Pais" hat Österreich eine "restriktive, unsolidarische und antieuropäische Sichtweise" der Migrationspolitik attestiert. Die schwarz-blaue Regierung habe sich "in Europa an die Spitze einer Politik der harten Hand gegen Immigration und Asyl gesetzt", kommentierte die Zeitung am Montag. In Brüssel und sogar in der Europäischen Volkspartei sei man "zutiefst besorgt".

Die Zeitung weist darauf hin, dass Österreich, das noch im Jahr 2015 "mit offenen Armen tausende syrische Flüchtlinge empfangen hat (...) einen radikalen Schwenk vollzogen hat". "Die österreichische Abweichung findet definitiv in einem Europa statt, das sehr viel nachlässiger gegenüber Ausländerfeindlichkeit und Angriffen auf die Menschenrechte ist als noch vor einigen Jahrzehnten", verweist das linksliberale Blatt auf die diplomatischen Sanktionen gegen die erste schwarz-blaue Regierung im Jahr 2000. Diese seien schon angesichts der "schieren Möglichkeit" einer Regierungsbeteiligung der FPÖ ergriffen worden. "Heute ist genau diese Gruppierung an der Macht und kann ihre inakzeptablen Auffassungen umsetzen."

Kritisch zum österreichischen Ratsvorsitz äußerte sich auch die liberale "Neue Zürcher Zeitung". In einem Kommentar mit dem Titel "Wien schützt sich selbst" bezweifelte das Schweizer Blatt die Uneigennützigkeit des österreichischen Ratsvorsitzes in den zentralen Politikbereichen Migration und Finanzen. "Aufgabe jedes Ratsvorsitzes ist es, als ehrlicher Makler Kompromisse zwischen den Mitgliedstaaten zu schmieden. Dies bedingt eine gewisse Zurückstellung nationaler Interessen. Wird Kurz, der mit dem Thema Migration die Wahlen gewonnen hat und dessen bürgerliche ÖVP eine Koalition mit der rechtsnationalen, EU-kritischen FPÖ eingegangen ist, dieser Rolle gerecht werden?"

Während Österreich beim Thema Außengrenzen "zu den treibenden Kräften" gehöre, zeige es beim EU-Mehrjahresbudget "weniger Ehrgeiz". "Zu dieser Eile mit Weile mag beitragen, dass Österreich auch bei diesem Thema starke nationale Interessen hat, diese aber unverblümter verteidigen kann, wenn es nicht mehr den Fahrersitz innehat. Es gehört zu jenen Staaten, die den Kommissionsvorschlag für zu üppig halten", so die "NZZ", die die österreichische Position aber für "nicht ganz konsistent" hält, weil Wien andererseits Abstriche bei den Agrarsubventionen "für 'seine' Bauern verhindern will".