Aufnahmen weinender Kinder an der Grenze zu Mexiko bringen US-Präsident Donald Trump unter Druck. Die Aufnahme der investigativen Rechercheplattform "ProPublica" lässt sieben Minuten lang spüren, was an der Grenze zu Mexiko vor sich geht. Die Kinder - laut "ProPublica" stammen sie vornehmlich aus El Salvador und Guatemala - rufen nach ihren Eltern und flehen darum, nicht von ihnen getrennt zu werden. Es ist auch ein US-Grenzschutzbeamter zu hören, mit den zynischen Worten: "Wir haben hier hier ein Orchester. Fehlt nur noch der Dirigent."

US-Beamte haben an der Grenze zu Mexiko innerhalb von fünf Wochen mehr als 2.300 Migrantenkinder von ihren Eltern getrennt. Zwischen dem 5. Mai und dem 9. Juni seien 2.342 Kinder von ihren Eltern getrennt worden, teilte das US-Heimatschutzministerium am Montag mit. Betroffen sind damit im Schnitt mehr als 66 Kinder pro Tag. Die USA wollen dadurch Migranten abschrecken, die ohne Visum in die USA gelangen wollen. 

UNICEF prangert an

Das UN-Kinderhilfswerk UNICEF hat die harsche US-Praxis der Familientrennung von Migranten an der Grenze zu Mexiko scharf kritisiert. "Geschichten von Kindern, einige noch Babys, die von ihren Eltern getrennt werden, die Zuflucht in den USA suchen, sind herzzerreißend", sagte UNICEF-Chefin Henrietta Fore.

"Die Situation ist inakzeptabel", sagte ein UNICEF-Sprecher am Dienstag in Genf. "Man kann seine Grenzen und die Rechte von Kindern gleichzeitig schützen."

UNICEF verweist darauf, dass die Trennung traumatisch für Kinder sei, dass sie Gefahr liefen, ausgenutzt oder missbraucht zu werden und dass der Stress Langzeitfolgen haben könne. Nach Kenntnis des UNICEF-Sprechers hat die Organisation aber - anders als in Konfliktgebieten anderswo auf der Welt - bisher keinen Zugang zu den Kindern verlangt, um ihr Wohlergehen zu überprüfen.

Die USA haben als einziges UN-Mitglied die UN-Kinderrechtskonvention nicht ratifiziert. In Artikel 9 heißt es, dass ein Kind nicht gegen den Willen seiner Eltern von ihnen getrennt werden soll, wenn es nicht nach gerichtlicher Prüfung zum Wohl des Kindes notwendig ist.

In der vergangenen Woche hatte das Ministerium angegeben, dass in dem längeren Zeitraum vom 19. April bis zum 31. Mai insgesamt 1995 Kinder von ihren Eltern getrennt worden seien - das entspricht etwa 47 Kindern pro Tag. US-Justizminister Jeff Sessions hatte am 7. Mai eine "Null-Toleranz"-Politik an der Grenze zu Mexiko verkündet.

Bevölkerung lehnt es ab

Das scharfe Vorgehen der Regierung von Präsident Donald Trump gegen Migrantenfamilien findet in der US-Bevölkerung wenig Zustimmung. Wie aus einer vom Sender CBS am Montag (Ortszeit) veröffentlichten Umfrage hervorgeht, halten es 67 Prozent der Befragten für "inakzeptabel", Kinder von ihren Eltern zu trennen.

Auch 39 Prozent von Trumps Wählern sind gegen diese Maßnahmen. Vor allem jüngere und moderate Republikaner gaben an, Familien zu trennen sei inakzeptabel. Bei den Demokraten sagen dies 90 Prozent. Trumps Einwanderungspolitik insgesamt findet nur noch bei 35 Prozent der Befragten Zustimmung. Im Mai waren es noch 40 Prozent gewesen.

Illegale werden festgenommen

Im Zuge der "Null-Toleranz"-Politik werden systematisch alle Menschen, die illegal die Grenze überqueren, als Gesetzesbrecher behandelt und festgenommen. Da Kinder nicht mit ihren Eltern inhaftiert werden dürfen, werden die Familien auseinandergerissen. Viele Kinder werden nach Angaben demokratischer Abgeordneter in umzäunten Auffanglagern in der Nähe der Grenze festgehalten, die als "Käfige" beschrieben wurden.

US-Heimatschutzministerin Kirstjen Nielsen wies Vorwürfe über eine schlechte Behandlung der Kinder am Montag zurück. Die Kinder würden "gut behandelt", sagte sie in Washington.

US-Präsident Donald Trump gerät derzeit wegen der umstritten Praxis der Familientrennungen unter wachsenden Druck. Auch von Trumps eigener Republikanischer Partei wird die Kritik an der rigorosen Praxis immer lauter.

Die First Lady der USA, Melania Trump, hat die umstrittene Trennung von Einwandererfamilien an der Grenze zu Mexiko kritisiert. Die USA sollten "mit Herz" regiert werden, erklärte die Sprecherin der Präsidentengattin am Sonntag. Republikaner und Demokraten müssten sich daher "endlich auf eine erfolgreiche Einwanderungsreform" einigen.

US-Regierung verteidigt Vorgehen

Unterdessen veröffentlichte das Enthüllungsportal ProPublica eine Tonaufnahme, auf der von ihren Eltern getrennte, schluchzende Kinder von Einwanderern zu hören sind.

Es gebe "keine Politik der Trennung von Familien an der Grenze", sagte Nielsen am Montag in Washington. Sie warnte aber zugleich, dass jeder, der die Grenze illegal übertrete, mit Strafverfolgung rechnen müsse. Dies habe zur Folge, dass den Menschen ihre Kinder weggenommen würden. "Was sich geändert hat ist, dass wir nicht länger ganze Gruppen von Menschen davon ausnehmen, die gegen das Gesetz verstoßen."

Justizminister Sessions erklärte: "Wir können und werden Menschen nicht ermutigen, Kinder mitzubringen und ihnen eine weitgehende Immunität angesichts unserer Gesetze geben." Wenn eine Grenzmauer gebaut werde, müsse die Regierung keine "schrecklichen Entscheidungen" mehr treffen.