Die afghanische Regierung verlängert ihren Waffenstillstand mit den radikalislamischen Taliban. Dies kündigte Präsident Ashraf Ghani am Samstag in einer Fernsehansprache an. Er forderte die Taliban auf, die ihrerseits geltende Waffenruhe ebenfalls zu verlängern. Bei einem Friedenstreffen zwischen Taliban und Sicherheitskräften im östlichen Nangarhar starben 20 Menschen durch einen Anschlag.

Präsident Ghani gab in seiner Ansprache auch eine Amnestie für die Taliban bekannt. Angehörige der radikalislamischen Miliz würden von nun an staatliche Zuwendungen "wie alle Zivilisten" erhalten, sagte der Präsident weiter. 46 Gefangene seien bereits freigelassen worden.

Freudenfeiern

Am zweiten Tag des beiderseitigen Waffenstillstandes war es im ganzen Land zu Verbrüderungen zwischen Soldaten und unbewaffneten Taliban-Kämpfern und Freudenfeiern gekommen. Innenminister Wais Ahmad Barmak traf in einer außergewöhnlichen Aktion offenbar ebenfalls mit Taliban zusammen. Medien wie Tolo TV und Ariana News zeigten Bilder des Ministers in einer Gruppe von angeblichen Talibankämpfern im Kabuler Stadtteil Kompani. Eine offizielle Bestätigung des Treffens gab es aber zunächst nicht.

Unbewaffnete Taliban-Kämpfer besuchten auch die Hauptstadt Kabul. Dabei wurden sie von Bewohnern begeistert begrüßt. Ein Reporter der Deutschen Presse-Agentur sah zahlreiche Kämpfer im Stadtteil Kot-e Sangi. "Wir sind hier für den Frieden", sagte einer. "Wir sind heute gegen niemanden. Das ist die Zeit für Frieden." Bewohner sangen "Gott ist groß" und unterhielten sich strahlend mit den Besuchern.

Anschlag

In der östlichen Provinz Nangarhar wurde eine gemeinsame Feier von Taliban, Sicherheitskräften und Zivilisten durch einen Anschlag überschattet. Mindestens 20 Menschen starben und 16 weitere wurden verletzt, als sich ein Attentäter im Bezirk Rodat in die Luft jagte. Nangarhar gilt als Hochburg der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS), die mit den Taliban rivalisiert und nicht von der Waffenruhe umfasst ist.

Seit Dienstag waren die afghanischen Sicherheitskräfte zu einer einwöchigen Feuerpause aufgerufen. Die Taliban hatten ihrerseits alle Kämpfer der Miliz aufgefordert, während der ersten drei Tage des Zuckerlfestes zum Ende des Ramadan die Angriffe auf afghanische Sicherheitskräfte einzustellen. Die US-geführten NATO-Truppen sollten aber weiterhin bekämpft werden. Es war das erste Mal in dem seit dem Jahr 2001 andauernden Konflikt in Afghanistan, dass die Taliban eine Waffenruhe ausriefen.

Im Februar hatte Ghani einen Plan für Friedensgespräche mit den Taliban vorgestellt und deren Anerkennung als politische Partei in Aussicht gestellt. Die Taliban reagierten nicht offiziell auf den Vorschlag. Sie begannen kurz darauf jedoch ihre alljährliche "Frühjahrsoffensive" gegen die afghanische Regierung.