Die Verhandlungen zur Regierungsbildung in Italien sind gescheitert. Italiens designierter Premier Giuseppe Conte verzichtet auf sein Mandat, eine Regierung aus der rechten Lega und Fünf-Sterne-Bewegung zu bilden. Der 53-jährige Rechtsprofessor dankte den Parteien für das Vertrauen und betonte, dass die Verhandlungen zur Regierungsbildung in einem positiven Klima verlaufen seien.

Er habe "ein Maximum an Mühe und Aufmerksamkeit" investiert, um eine Regierung zu bilden, sagte Conte nach dem Verzicht auf sein Mandat. Fünf-Sterne-Bewegung und Lega hatten den bisher weitgehend unbekannten und politisch unerfahrenen Jus-Professor am Montag als Kompromisskandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten präsentiert. Staatspräsident Sergio Mattarella beauftragte ihn daraufhin am Mittwoch mit der Bildung einer Regierung.

Konsequenz aus Veto gezogen

Mit seinem Amtsverzicht zog Conte nun die Konsequenz aus dem Veto Mattarellas gegen den europakritischen Ökonomen Paolo Savona, den die rechte Lega um jeden Preis zum Wirtschaftsminister ernennen wollte. Lega-Chef Matteo Salvini hatte bereits damit gedroht, die Regierungsbildung platzen zu lassen, sollte Präsident Mattarella seinen Kandidaten nicht akzeptieren. Stattdessen solle es Neuwahlen geben, forderte er. Der von den Medien als "Euro-Schreck" bezeichnete Wirtschaftsexperte bestritt am Sonntag in einer Presseaussendung, eine antieuropäische Position zu vertreten und stellte sich als überzeugter Europäer dar.

Staatschef Mattarella verteidigte in einer Stellungnahme nach dem Scheitern der Regierungsverhandlungen seinen Beschluss, Savona abzulehnen. Der Wirtschaftsminister spiele eine Schlüsselrolle in einer Regierung, so Mattarella. Zudem kritisierte der Staatspräsident die Unnachgiebigkeit der Parteien, eine Alternative zu Savona vorzuschlagen.

Er betonte, dass er alles unternommen habe, um ein Ministerkabinett aufzustellen. "Niemand kann behaupten, dass ich die Regierungsbildung verhindert habe. Im Gegenteil, ich habe mit Kooperationsbereitschaft diese Bemühungen unterstützt", sagte der Staatschef. Der Verbleib Italiens in der Eurozone sei ein Prinzip, an dem nicht gerüttelt werden könne. "Italien ist ein Gründungsmitglied der EU und ein Protagonist der Europäischen Union", so Mattarella. Die Verteidigung der Verfassung und das Interesse der italienischen Gemeinschaft seien seine Prioritäten.

Investoren alarmiert

Wegen der Ungewissheit über die politische Zukunft Italiens seien italienische und ausländische Investoren alarmiert und die Börse habe sehr negativ auf die politischen Entwicklungen reagiert. "Damit entstehen Risiken für die Ersparnisse von Familien", sagte der Staatschef. Italiens Verbleib im Euroraum sei von wesentlicher Bedeutung für die Zukunft Italiens.

Mattarella betonte, er werde demnächst eine "Initiative" starten, um den politischen Stillstand zu beenden. Erwartet wird, dass der Staatschef nach Wegen suchen wird, um eine Expertenregierung aufzustellen, die Italien bis zu Neuwahlen führen soll.

Für Montagvormittag hat Präsident Mattarella den Wirtschaftsexperten Carlo Cottarelli zu einem Gespräch in den Präsidentenpalast eingeladen. Der 64-jährige ehemalige Exekutivdirektor des Internationalen Währungsfonds (IWF) hatte 2013 in der Regierung von Enrico Letta den Auftrag, ein Programm zur Kürzung der Ausgaben in der öffentlichen Verwaltung zu entwickeln. Insidern zufolge könnte Cottarelli mit der Bildung einer Expertenregierung beauftragt werden.

Di Maio fordert Amtsenthebungsverfahren für Mattarella

Fünf-Sterne-Chef Luigi Di Maio forderte in einem Interview mit dem TV-Sender RAI 1 ein Amtsenthebungsverfahren für Mattarella, der seiner Ansicht nach die Bildung einer "Regierung des Wechsels" in Italien verhindert hat. Ein Amtsenthebungsverfahren sei notwendig, um "Reaktionen der Bevölkerung" auf den Beschluss Mattarellas zu verhindern, eine Regierung mit der Fünf-Sterne-Bewegung zu verunmöglichen, sagte Di Maio in der Sendung "Che tempo che fa". Es könnte sonst zu Protesten kommen. Er macht Mattarella und die "Finanzlobby" für das Scheitern der Regierungsbildung verantwortlich gemacht. "Wahlen sind sinnlos, denn die Regierung wird von Ratingagenturen, Finanz- und Bankenlobbys bestimmt", schrieb Di Maio am Sonntag auf Facebook.

Di Maios Worte lösten heftige Reaktionen aus. Der Chef der konservativen Forza Italia Silvio Berlusconi warf der Fünf-Sterne-Bewegung "Verantwortungslosigkeit" vor. Er warte auch auf die nächsten Beschlüsse des Staatschefs, seine Forza Italia fürchte Neuwahlen jedoch nicht, teilte Berlusconi in einer Presseaussendung mit. Nachdem vor zwei Wochen ein gegen ihn verhängtes Ämterverbot aufgehoben worden war, könnte der 81-jährige Medienzar bei Neuwahlen wieder für einen Parlamentssitz kandidieren.

Auch der interimistische Sozialdemokraten-Chef Maurizio Martina kritisierte die Attacken der Fünf Sterne-Bewegung gegen Mattarella. "Ihr Angriff auf den Präsidenten und auf die demokratischen Institutionen ist einfach unerhört. Mattarella hat im Interesse aller Italiener agiert und wir danken ihm dafür", kommentierte Martina.