"Seid ihr bereit, den Terrororganisationen und ihren lokalen und ausländischen Handlangern eine Osmanische Ohrfeige zu verpassen?", fragte Recep Tayyip Erdogan am Sonntag vor Tausenden jubelnden Auslandstürken im bosnischen Sarajevo.

Die "Osmanische Ohrfeige" oder auf türkisch "Osmanli tokadi" hat ihren Ursprung in der osmanischen Armee. Hatten die Soldaten während eines Kampfes keine Waffen mehr zur Verfügung, benutzten sie ihre Hände.

"Seid ihr bereit, mich mit einer Rekordzahl an Stimmen in der Präsidentenwahl zu unterstützen?" Bei den Präsidenten- und Parlamentswahlen am 24. Juni gehe es um eine Entscheidung "für das nächste Jahrhundert unseres Landes".

"Der Welt die Stärke der europäischen Türken demonstrieren"

Zum Wahlkampfauftritt sind rund 1.300 Menschen aus Österreich angereist. Das berichtete der "Kurier" am Sonntag (online) unter Berufung auf Angaben der Polizei des Kantons Sarajevo. Etwa 15.000 Auslandstürken nahmen teil. Die größte Abordnung sei mit etwa 5.000 Teilnehmern aus Deutschland gekommen.

Die Union Türkisch-Europäischer Demokraten (UETD) sprach von rund 10.000 Auslandstürken, etwa die Hälfte davon aus Deutschland. Die UETD hatte den bisher einzigen geplanten Wahlkampfauftritt Erdogans im europäischen Ausland organisiert. Erdogan sagte: "Seid Ihr bereit, der ganzen Welt die Stärke der europäischen Türken zu demonstrieren?" Er forderte die Auslandstürken auf: "Gebt von Deutschland, Belgien, Österreich, den Niederlanden aus eine Antwort, die überall in Europa gehört werden kann."

Nach den Worten Erdogans haben die europäische Staaten, die sich als Wiege der Demokratie betrachteten, "die Prüfung nicht bestanden". Erdogan erklärte am Sonntag in der bosnischen Hauptstadt vor etwa 20.000 Anhängern in einer Sporthalle: "Wir sind heute in Sarajevo. Bosnien-Herzegowina hat damit gezeigt, dass es ein demokratischer Staat ist."

Die meisten Teilnehmer an der Wahlkampfveranstaltung für Auslandstürken in Sarajevo waren aus Deutschland, Österreich und den Niederlanden, aber auch aus den Nachbarstaaten wie Serbien angereist. "Das bosnische Volk hat gezeigt, dass unsere Jahrhunderte alte Freundschaft weiter bestehen wird", unterstrich Erdogan. Der Balkan war einige Jahrhunderte Teil des Osmanischen Reiches.

Die Türkei habe keine versteckten Absichten gegenüber Bosnien-Herzegowina, Ankara wolle zur Stabilität des Balkan-Landes beitragen, versicherte Erdogan nach Angaben der kroatischen Agentur Hina. Er erwarte aber volle Kooperation im Kampf gegen den "FETÖ-Kraken", also die Bewegung des Prediger Fethullah Gülen, die Erdogan für den fehlgeschlagenen Putsch 2016 verantwortlich macht.

Absichtserklärung für Bau einer Autobahn

Der von der Union der UETD - sie gilt als Auslandsorganisation der Erdogan-Partei AKP - organisierten Kundgebung wohnte auch Bakir Izetbegovic, das bosniakische Mitglied der bosnischen Staatsführung, bei. Izetbegovic hatte zuvor mit Erdogan Gespräche über bilaterale und regionale Beziehungen geführt. Die beiden anderen Mitglieder des Staatspräsidiums, der Serbe Mladen Ivanic und Kroate Dragan Covic, nahmen an den Gesprächen nicht teil.

Erdogan war nach Sarajevo in Begleitung von mehreren Regierungsmitgliedern gereist. Unter anderem wurde auch eine Absichtserklärung über den seit langem geplanten Bau einer Autobahn, welche Sarajevo mit Belgrad verbinden soll, unterzeichnet. Für die Finanzierung sollen türkische Banken aufkommen.

Kritik auch in Bosnien

Zahlreiche bosnische Spitzenpolitiker kritisierten den Besuch Erdogans als antieuropäisch, weil Länder wie Deutschland, Österreich oder die Niederlande Wahlkampfauftritte türkischer Politiker verboten hatten. In der Türkei finden am 24. Juni vorgezogene Präsidentschafts- und Parlamentswahlen statt. Erdogan hofft dadurch seine Macht weiter zementieren zu können.

Zweifelsohne erwartet sich auch Izetbegovic vom Besuch Erdogans einige Pluspunkte für seine Partei SDA vor den im Oktober anstehenden allgemeinen Wahlen in Bosnien-Herzegowina.

"Gott hat den Türken Erdogan geschickt"

"Gott hat den Bosniaken Alija Izetbegovic geschickt und den Türken Erdogan", meinte Bakir Izetbegovic laut dpa vor dem Wahlkampfauftritt seines Gastes. Alija Izetbegovic (1925-2003), der Vater von Bakir, war der erste Präsident Bosnien-Herzegowinas nach dem Ende Jugoslawiens.

Erdogans Besuch in Sarajevo war noch kurz vor Beginn von Berichten über einen möglichen Attentatsversuch überschattet worden. Bosniens Sicherheitsminister Dragan Mektic bestritt am Samstagabend jedoch energisch, irgendwelche Informationen in diese Richtung zu haben.

Attentatspläne?

Medien hatten zuvor gemeldet, türkische Nachrichtendienste hätten über einen möglichen Attentatsversuch berichtet. Diese wären an Informationen gelangt, wonach von Personen türkischer Abstammung ein Attentat auf Präsident Erdogan vorbereitet sei, hieß es am Sonntag laut Medien in Sarajevo.

Eine indirekte Bestätigung dieser Information war dem Internetportal Klix.ba zufolge auch vom türkischen Vizepremier Bekir Bozdag gekommen. "Die Attentatsversuche erinnern uns daran, dass unser großer Führer für manche eine Irritation darstellt", kommentierte Bozdag auf Twitter mit dem Hinweis, dass Erdogan keine Angst vor Morddrohungen habe.

Türkei kritisiert Verbot von Wahlkampfauftritten in Deutschland

Die Türkei hat indes das Verbot von Wahlkampfauftritten türkischer Politiker in Deutschland kritisiert. Mit Blick auf die hier lebenden Türken sagte Vize-Regierungschef Recep Akdag der "Welt": "Es ist das demokratische Recht dieser Menschen, dass sie im Wahlkampf von Politikern aller türkischen Parteien über deren Ziele und Ideen informiert werden."

Es sei wichtig, dass die deutsche Bundesregierung dieses demokratische Recht nicht verletze. Seine Regierung verstehe nicht, warum solche Auftritte in Deutschland jahrelang möglich waren "und jetzt plötzlich alles anders sein sollte".