Nach dem Missbrauchsskandal in Chile haben alle Bischöfe des südamerikanischen Landes ihren Rücktritt angeboten. Das teilte die Bischofskonferenz nach einem Treffen mit Papst Franziskus am Freitag in Rom mit. Zuvor hatte das katholische Kirchenoberhaupt Maßnahmen zur Aufarbeitung des jüngsten Missbrauchsskandals der chilenischen Kirche angekündigt.

In Chile sollen Sexualdelikte des früheren Pfarrers und Priesterausbilders Fernando Karadima jahrelang von der Kirche gedeckt worden sein. Vor allem Bischof Juan Barros soll ihn in Schutz genommen haben. Noch im Jänner hatte Franziskus bei seinem Besuch in Chile die Beschuldigungen gegen Barros harsch zurückgewiesen. Später entschuldigte er sich für seine Wortwahl und leitete neue Ermittlungen zu dem Skandal ein.

Papst Franziskus hat in einem vertraulichen Dokument personelle Konsequenzen nach der Missbrauchskrise in der chilenischen Kirche angekündigt. Es reiche jedoch nicht aus, "nur die konkreten Fälle zu behandeln und die betreffenden Personen zu entfernen", heißt es in dem Schreiben, das der chilenische Sender Canal 13 in der Nacht auf Freitag laut Kathpress veröffentlichte.

"Das - und das sage ich in aller Deutlichkeit - muss getan werden, aber es ist nicht genug. Es muss noch mehr geschehen", so Franziskus.

Der Papst hatte  den 34 Bischöfen Chiles am Dienstag zu Beginn eines Treffens im Vatikan ein Dokument zur Aufarbeitung des Skandals in dem südamerikanischen Land übergeben. Die dreitägigen Gespräche gingen am Donnerstagabend zu Ende. Für Freitagmittag war eine Pressekonferenz der Bischöfe in Rom angekündigt.

In dem nun bekannt gewordenen, zehn Seiten langen Brief schreibt Franziskus, es gebe eine "schmerzende, offene Wunde". Diese sei bisher mit einer Medizin behandelt worden, die anscheinend mehr geschadet als genutzt habe. "Es wäre ein schweres Versäumnis, die Probleme nicht an der Wurzel zu packen."

Der Papst spricht von besorgniserregenden Erkenntnissen, die seine beiden Sonderermittler Erzbischof Charles Scicluna und der Rechtsexperte Jordi Bertomeu im Februar bei ihren Recherchen in Chile zutage gefördert hätten. So seien mehrere Geistliche, die wegen "sittenlosen Verhaltens" entfernt worden seien, wieder in anderen Diözesen aufgenommen worden. Obendrein habe man ihnen Aufgaben mit "einem täglichen und direkten Kontakt zu Minderjährigen" anvertraut.

Die Untersuchung zeige, dass es "grobe Fehler" im Umgang mit Missbrauchsfällen gegeben habe, räumt Franziskus ein. Er empfinde "Scham", weil in etlichen Fällen die Aufklärungsarbeit gezielt behindert worden sei.

Der Papst kritisiert zudem eine "elitäre Haltung" einiger Geistlicher, die der Kirche schade, weil sie zu Spaltung und "geschlossenen Zirkeln" führe. Solchen Personen gehe es nur darum, sich besonders zu fühlen - anders als die anderen. Weder für Jesus noch für ihre Mitmenschen interessierten sie sich wirklich. Eine solche Einstellung, so Franziskus, sei eine "Perversion im kirchlichen Dasein".