Gegen den französischen Ex-Präsidenten Nicolas Sarkozy ist ein formelles Ermittlungsverfahren wegen illegaler Wahlkampffinanzierung eröffnet worden. Es werde gegen ihn wegen Überschreitung der zulässigen Kostenobergrenze ermittelt, teilte der Pariser Staatsanwalt Francois Molins am Dienstagabend mit. Das Verfahren ist ein herber Rückschlag für Sarkozys Ambitionen auf ein Comeback als Präsident.

Der Vorsitzende der oppositionellen Republikaner war den ganzen Tag lang von einem Untersuchungsrichter in Paris befragt worden, weil seine Partei bei dem Wahlkampf für die Präsidentenwahl 2012 illegale Ausgaben vertuscht haben soll. In der Affäre geht es um Vorwürfe, dass Sarkozy mit seinen Ausgaben die zulässige Obergrenze für den Wahlkampf in Höhe von 22,5 Millionen Euro massiv überschritt.

Um dies zu vertuschen, wurden Kosten für Wahlkampfveranstaltungen in Höhe von 18,5 Millionen Euro offenbar regelwidrig von seiner Partei UMP abgerechnet, die inzwischen in Republikaner umbenannt wurde. Die falschen Rechnungen stellte die Veranstaltungsfirma Bygmalion aus - deswegen ist die Affäre in Frankreich als Bygmalion-Affäre bekannt. Sarkozy bestreitet, von den Vorgängen gewusst zu haben.

Sein Anwalt Thierry Herzog hob am Dienstag hervor, dass es bei den nun eröffneten Ermittlungen nur um die Verletzung der Kostenobergrenze gehe. Die Frage, ob Sarkozy Kenntnis von dem illegalen Rechnungssystem der Firma Bygmalion hatte, sei dagegen nicht Gegenstand der Untersuchung. In diesem Teil der Affäre wurde er als Zeuge mit Rechtsbeistand eingestuft - ein Status zwischen Zeuge und Beschuldigtem.

Als Zeuge mit Rechtsbeistand soll Sarkozy laut der Staatsanwaltschaft zu den Vorwürfen des Betrugs, der Fälschung und der Untreue aussagen, die im Zusammenhang mit der Affäre um die gefälschten Rechnungen von Bygmalion stehen. In der Affäre wird bisher gegen 13 Verdächtige ermittelt, darunter frühere Wahlkampfmitarbeiter, Mitglieder der UMP und Angehörige von Bygmalion.

Wegen des Skandals musste 2014 schon der damalige UMP-Chef Jean-François Copé zurücktreten, der enge Kontakte zu den Bygmalion-Gründern hatte. Der Politiker entging aber vergangene Woche einem Ermittlungsverfahren.

Die Ermittlungen ergaben bisher keinen direkten Beweis für den Verdacht, dass Sarkozy über das System der falschen Rechnungen informiert war. Ermittlern zufolge ordnete Sarkozy aber einige Wochen vor der Wahl an, die Zahl der Wahlkampfveranstaltungen zu erhöhen - obwohl er gewarnt worden sein soll, dass damit eine Überschreitung des erlaubten Budgets drohe.

Kandidatur für 2017

Sarkozy will bei den Präsidentschaftswahlen 2017 Revanche für seine Wahlschlappe 2012 gegen den Sozialisten François Hollande nehmen - auch wenn er offiziell noch keine Kandidatur angekündigt hat. Dem in zahlreiche Affären verstrickten konservativen Politiker droht bereits ein Korruptionsprozess: Er soll vor zwei Jahren versucht haben, einen hohen Staatsanwalt zu bestechen.

Eine Reihe von Politikern der eigenen Partei macht ihm zudem die Kandidatur der Konservativen 2017 streitig. In Umfragen landet Sarkozy weit hinter seinem ärgsten Widersacher, dem früheren Regierungschef Alain Juppé. Am Sonntag kündigte auch der ehemalige UMP-Vorsitzende Copé an, sich um die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner zu bewerben.

Sarkozy und die Skandale

Der konservative Oppositionschef, der mit einer Rückkehr in den Elysée-Palast liebäugelt, ist in eine Reihe von Skandalen verwickelt. Ein Überblick:

Welche Affären sind für Sarkozy besonders gefährlich?

WAHLKAMPFFINANZEN 2012: In der Affäre wurde Sarkozy am Dienstag formell beschuldigt. Der damalige Staatschef soll 2012 die Obergrenze für das Wahlkampfbudget in Höhe von 22,5 Millionen Euro massiv überschritten haben. Um dies zu vertuschen, übernahm offenbar seine UMP-Partei - inzwischen umbenannt in Die Republikaner - regelwidrig einen Teil der Wahlkampfkosten. Versteckt wurde dies durch falsche Rechnungen in Höhe von 18,5 Millionen Euro, die die Eventfirma Bygmalion der UMP ausstellte. Womöglich übernahm die Partei aber noch deutlich mehr Wahlkampfkosten.

BESTECHUNGSVORWÜRFE: Bereits im Juli 2014 wurde ein Ermittlungsverfahren gegen Sarkozy in einer Korruptionsaffäre eingeleitet. Der Ex-Staatschef soll versucht haben, einen Staatsanwalt an Frankreichs Oberstem Gerichtshof zu bestechen, um Informationen zum Verlauf eines ihn betreffenden Verfahrens zu erlangen. Abgehörte Telefonate zwischen Sarkozy und seinem Anwalt belasten den Politiker schwer. Die Ermittlungen wurden bereits abgeschlossen; ob Sarkozy der Prozess gemacht wird, ist aber noch nicht entschieden.

In welchen Affären wird außerdem ermittelt?

GADDAFI-GELDER: Seit April 2013 gehen Untersuchungsrichter dem Verdacht nach, dass Sarkozys Präsidentschaftswahlkampf 2007 von Libyens damaligem Machthaber Muammar al-Gaddafi mitfinanziert wurde. Die Rede ist von mindestens 50 Millionen Euro. Noch als Präsident nannte Sarkozy den Verdacht "grotesk".

UMFRAGEN-AFFÄRE: Die Justiz ermittelt zu dem Vorwurf, der Elysée-Palast habe unter Sarkozy in den Jahren 2007 bis 2012 ohne ordnungsgemäße Ausschreibung eine Reihe von Umfragen in Auftrag gegeben. Profitiert haben soll davon insbesondere sein damaliger Berater Patrick Buisson. Gegen diesen wurde bereits ein Ermittlungsverfahren eingeleitet - ebenso wie gegen Sarkozys einstige Kabinettschefin Emmanuelle Mignon.

TAPIE-AFFÄRE: In Sarkozys Amtszeit bekam der umstrittene Unternehmer Bernard Tapie nach einem Schiedsverfahren 403 Millionen Euro staatlichen Schadenersatz zugesprochen. Später wurden Betrugsvorwürfe laut, Tapie soll wegen seiner Nähe zu Sarkozy eine Vorzugsbehandlung bekommen haben, der Schiedsspruch wurde inzwischen aufgehoben. Sarkozys damaliger Finanzministerin - der heutigen IWF-Chefin Christine Lagarde - soll wegen des Vorwurfs der Nachlässigkeit im Umgang mit öffentlichen Geldern der Prozess gemacht werden.

In welchen Affären wurde Sarkozy entlastet?

BETTENCOURT-AFFÄRE: Im März 2013 wurde Sarkozy formell beschuldigt, die Schwäche der demenzkranken L'Oréal-Milliardärin Liliane Bettencourt ausgenutzt zu haben, um an Geld für seinen Wahlkampf 2007 zu kommen. Das Verfahren gegen Sarkozy wurde später aber aus Mangel an Beweisen eingestellt.

KARACHI-AFFÄRE: In dem Fall geht es um Geld, das für ein U-Boot-Geschäft nach Pakistan und dann teils wieder zurück nach Frankreich geflossen sein soll, um den Präsidentschaftswahlkampf 1995 des damaligen Premierministers Edouard Balladur mitzufinanzieren. Sarkozy war zu der Zeit Haushaltsminister und Wahlkampfsprecher von Balladur. Die zuständigen Untersuchungsrichter haben aber zum Abschluss ihrer Ermittlungen keine Vorwürfe gegen Sarkozy erhoben.

VON UMP ÜBERNOMMENE STRAFZAHLUNG: In einer anderen Affäre um Sarkozys Wahlkampffinanzen des Jahres 2012 wurden die Ermittlungen eingestellt. Die UMP hatte eine gegen Sarkozy wegen des Überziehens seines Budgets verhängte Strafzahlung übernommen - eigentlich hätte der Politiker selbst zahlen müssen. Die Vorwürfe wurden im vergangenen Jahr aber fallengelassen.