Die Spitzenpolitiker sind tief zerstritten, die Staatskassen leer: Die soziale Not breiter Bevölkerungsschichten in Bosnien wächst täglich. Können die EU und die USA überhaupt helfen?

Jetzt kommt der Papst zu Besuch, um den Menschen in Bosnien-Herzegowina nach dem Bürgerkrieg (1992-1995) und angesichts der jahrelangen Dauerkrise des Balkanlandes Mut zu machen. Einen Monat später wird nach Darstellung der Regierung die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel erwartet. Auch hier steht die Suche an einem Ausweg aus der Sackgasse im Vordergrund. Doch im Moment gibt es so viele negative Schlagzeilen wie schon lange nicht mehr.

Vor 16 Monaten war es im ganzen Land zu sozialen Unruhen gekommen. Nach vielen kriminellen Privatisierungen des einstigen Staatseigentums liegen große Teile der Wirtschaft in Trümmern. Doch die damals versprochenen Reformen haben die Politiker nicht verwirklicht. Rekordarbeitslosigkeit, fehlende Investitionen, eine marode Infrastruktur, dramatische Auswanderung lauten die Stichworte dieser Misere.

Die Spitzenpolitiker sind wie eh und je mit sich selbst und ihrem Zank und Streit beschäftigt. Gerade hat die größte muslimische Partei (SDA) Bakir Izetbegovic, im Hauptberuf Mitglied im dreiköpfigen Staatspräsidium, zu ihrem Vorsitzenden gewählt. Der hat im gleichen Atemzug ein Parteiprogramm verabschieden lassen, das eine Verfassungsreform vorschreibt, um das Land zu zentralisieren.

Damit traf er den Nerv der Serben in deren fast autonomen Landeshälfte. Ihr Präsident Milorad Dodik will das auf keinen Fall hinnehmen und kündigte seinerseits an, spätestens bis 2017 ein Referendum zu organisieren. Auf dieser Basis will sich die serbische Landeshälfte von Bosnien abspalten, um sich der benachbarten "Mutterrepublik" Serbien anzuschließen. In Washington und Brüssel schrillten die Alarmglocken.

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier und sein britischer Kollege Philip Hammond hatten im vergangenen Jahr eine Initiative auf den Weg gebracht. Sie setzt auf eine schnelle Besserung der wirtschaftlichen und sozialen Lage statt wie bisher auf eine Reform des nicht funktionierenden Staates. Doch ob die EU und die USA wirklich bereit sind, dafür größere Summen zu investieren, ist nicht sicher.

Dem kleinen Land mit nur 3,8 Millionen Einwohnern fehlen aktuell wenigstens eine halbe Milliarde Euro, um zu überleben. Die könnten vom Internationalen Währungsfonds (IWF) kommen, sind aber abhängig von tiefgreifenden Reformen. Dazu können sich die Politiker jedoch nicht durchringen. Stattdessen sind sie nach den Parlamentswahlen im Oktober damit beschäftigt, ihre Gefolgsleute in den vielen Staatsbetrieben unterzubringen - und sind sich darüber noch mehr als ohnehin schon in die Haare geraten.

"Schwer zu sagen, wie es weitergeht", resigniert der Regierungschef der von muslimischen Bosniern und katholischen Kroaten beherrschten Landeshälfte, Fadil Novalic. Aber auch im serbischen Landesteil brodelt es. Dort ist völlig undurchsichtig, ob die Regierung oder die Opposition die notwendige Parlamentsmehrheit von 42 Stimmen hinter sich haben. Böse Spekulationen um den Kauf von Abgeordneten machen in den lokalen Medien die Runde.

Ein Heer von Diplomaten und Experten aus dem Ausland hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten vergeblich versucht, dem Land Hoffnung auf eine bessere Zukunft zu geben. Jetzt sind der Papst und die deutsche Bundeskanzlerin Merkel gefragt.