Als Montagvormittag in Singapur der „Interpol-Weltkomplex für Innovation“ (IGCI) eröffnet wurde, waren die Hackerangriffe der letzten Tage auf Medien wie „TV5Monde“ oder in der Nacht auf gestern auf „Le Soir“ noch sehr präsent bei den Vertretern der 190 Interpol-Mitgliedsstaaten. „Wir sind uns der Gefahr bewusst“, lautete der Tenor in Singapur. „Die erhöhte Terrorbedrohung, einschließlich radikalisierter Einzelpersonen, stellt ein großes Risiko für die Sicherheit jedes Landes dar“, sagte Singapurs Innenminister Teo Chee Hean bei der Eröffnung. „Wir sehen auch engere Verbindungen zwischen organisiertem Verbrechen und Terrorismus, weil kriminelle Banden Technologie und digitale Vernetzung ausnutzen, um global tätig zu werden.“ So soll der IGCI Kriminelle im Netz aufspüren, digitale Sicherheitslücken aufdecken und die Polizei weltweit im Umgang mit Cyberkriminalität schulen. Im neuen Zentrum arbeiten mehr als 100 Beamte aus rund 50 Ländern. Es soll die Arbeit der Interpol-Zentrale in Lyon in Frankreich unterstützen.

Austausch von Know-how

Der Interpol-Vizedirektor in Singapur, Thomas Herko, steht in Kontakt mit internationalen Organisationen, Regierungen und Firmen, um Synergien zu nutzen und Know-how auszutauschen. Auch Interpol-Generalsekretär Jürgen Stock ist überzeugt, dass ein Schulterschluss zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und den Sicherheitsbehörden notwendig ist, um global agieren zu können. Externe Unterstützung der Polizei sei bei der Aufklärung von Cyberkriminalität von großer Bedeutung. Herko bringt Beispiele dafür: Eine Privatfirma habe dazu beigetragen, dass eine philippinische Bande zerschlagen werden konnte. Sie hatte ihre Opfer mit Nacktfotos erpresst. Eines der Opfer, ein junger Mann, hatte deshalb Selbstmord verübt. Herko erinnert auch an den internationalen Fußballwettskandal, der in Österreich für Schlagzeilen sorgte: „Der mutmaßliche Drahtzieher sitzt hier in Singapur in Untersuchungshaft.“

Hightech wie im Film
Innenministerin Johanna Mikl-Leitner findet die Standortwahl Singapur ebenfalls logisch: „Speziell im asiatischen und pazifischen Raum sind die kriminellen Kräfte nicht zu unterschätzen – darum ist es wichtig und richtig, dass Interpol hier ihr globales Netzwerk verstärkt.“

Auf einer Tafel im neu geschaffenen Koordinationszentrum blinken Dutzende Symbole: Totenköpfe, Terroristen, Flugzeuge . . . „Alle drohenden Gefahren scheinen hier auf“, erklärt Herko. Wer nun aber Filmszenen aus 007 im Kopf hat, liegt falsch. Die Zentrale ist „Dienstleister der Behörden“. Dass Interpol-Mitarbeiter wie James Bond Verbrecher ausforschen und festnehmen, passiert nicht, so Herko. Polizeibeamte können sich aber per Mausklick über diese Koordinationszentrale weitere Infos holen und vernetzen.