Nach zehn Tagen ohne öffentlichen Auftritt und wilden Spekulationen über den Grund seines Abtauchens ist Russlands Präsident Wladimir Putin am Montag erstmals wieder vor Journalisten erschienen. Etwas blass wirkend schüttelte er im Konstantinpalast bei St. Petersburg dem kirgisischen Präsidenten Almasbek Atambajew die Hand, bevor sich beide zu einem Gespräch zurückzogen.

"Es wäre ja langweilig, wenn es keinen Tratsch gäbe"

Putin hatte sich zuletzt am 5. März mit dem italienischen Ministerpräsidenten Matteo Renzi vor Kameras gezeigt. Da der 62 Jahre alte Staatschef sonst allgegenwärtig scheint, waren schnell Gerüchte ins Kraut geschossen - von einer Erkrankung über die Geburt eines Kindes seiner Geliebten bis zu einem Staatsstreich. "Es wäre langweilig, wenn es keinen Tratsch gäbe", sagte Putin am Montag.

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow machte sich am Montag über die Gerüchte lustig: "Gut, haben Sie also alle den gelähmten Präsidenten gesehen, der von seinen Generälen entführten worden war, der mit einem Flugzeug aus der Schweiz zurückgekehrt ist, wo er selbst ein Kind zur Welt gebracht hat", fragte er ironische die Journalisten in der Nähe von St. Petersburg.

Wiener Arzt soll ihn behandelt haben

Nach seinem Treffen mit Renzi in der ersten Märzwoche hatte Putin eine Kasachstan-Reise und andere Termine abgesagt - darunter ein Treffen mit dem Inlandsgeheimdienst FSB. Eine Reise nach Kasachstan wurde um eine Woche auf kommenden Freitag verschoben.

Der "Kurier" hatte am Wochenende berichtet, Putin habe in Moskau einen Wiener Orthopäden wegen seiner Rückenprobleme konsultiert. Die Tageszeitung "Österreich" schrieb am Montag, Putin sei "erst kürzlich" im Wiener Privatspital Rudolfinerhaus gewesen. Die Sprecherin des Rudolfinerhauses, Patrizia Pappacena, dementierte am Montag diese Information: "Herr Putin war in den letzten Wochen definitiv nicht hier."

Putins Sprecher Peskow hatte zuletzt auch Gerüchte in Schweizer Medien zurückgewiesen, Putin mutmaßliche Geliebte Alina Kabajewa habe im Tessin eine gemeinsame Tochter zur Welt gebracht. Auch das sei "nicht richtig", sagte er dem "Forbes"-Magazin, und schlug eine Belohnung für die "beste Medien-Ente" vor.

Gefechtsbereitschaft überpürft

Moskau hat unterdessen eine Überprüfung der Gefechtsbereitschaft von Streitkräften im westlichen Wehrbezirk sowie bei der Nordflotte und den Luftlandetruppen angeordnet. Insgesamt seien 38.000 Soldaten, mehr als 40 Schiffe, etwa 15 U-Boote und 110 Flugzeuge betroffen, sagte Verteidigungsminister Sergej Schoigu am Montag nach Angaben der Agentur Interfax in Moskau.

"Neue Herausforderungen und Gefahren für die militärische Sicherheit erfordern, dass die Armee ihre militärischen Fähigkeiten weiter ausbaut", erklärte Schoigu am Montag unter Bezug auf die Ukraine-Krise. Vergangene Woche hatte die russische Armee bereits Manöver auf der annektierten Halbinsel Krim, in mehreren Gebieten im Süden Russlands sowie in den abtrünnigen georgischen Regionen Südossetien und Abchasien gestartet. Das westliche Militärbündnis NATO seinerseits hat die Zahl seiner Manöver an der Ostgrenze der Europäischen Union massiv erhöht.

Eine der Hauptaufgaben der Nordflotte sei Russlands militärischer Schutz in der Arktis, sagte Schoigu. An der russischen Nordgrenze gebe es "neue Herausforderungen und Bedrohungen". Russland hatte mehrfach einen Ausbau seiner militärischen Präsenz in der Arktis angekündigt. Dort werden riesige Rohstoffreserven vermutet. Russland erhebt Anspruch auf einen großen Teil dieser Ressourcen. Heimathafen der Nordflotte ist Seweromorsk nahe der Grenze zu Norwegen.

US-Armee fährt durch östliche NATO-Staaten

Nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau begannen auch in der südrussischen Region Stawropol sowie im Fernen Osten des Landes Einheiten mit Schießübungen. Am russischen Stützpunkt Kant in Kirgistan hoben Jagdflugzeuge vom Typ Suchoi Su-25 und mehrere Hubschrauber zur Prüfung der Kampfbereitschaft ab. Zudem nehme im Kaspischen Meer ein russisches Kriegsschiff an Schießübungen teil.

Die US-Armee plant wiederum eine Konvoi-Fahrt von Radschützenpanzern durch die östlichen NATO-Mitgliedsstaaten. Die Fahrt über knapp 1.800 Kilometer werde Teil der NATO-Übung "Atlantic Resolve" (Atlantische Entschlossenheit) sein, sagte ein Sprecher der US-Armee in Wiesbaden am Montag der Deutschen Presse-Agentur. Nach Übungen in Polen, Estland und Litauen würden die Militäreinheiten auf der Straße an ihren Heimatstandort in Vilseck (Bayern) zurückkehren. Die US-Armee spricht von einem "road march" (Straßenmarsch). Die Größe des Konvois ist noch nicht bekannt. Der tschechische Verteidigungsminister Martin Stropnicky sprach im Rundfunk von rund 500 Mann Besatzung und 100 Fahrzeugen.