Weil die Wunden der ersten Auspeitschung vor einer Woche noch nicht verheilt waren, sind dem islamkritischen Blogger Raif Badawi am heutigen Freitag weitere 50 Hiebe erspart geblieben. Der Gefängnisarzt habe aus Sorge um das Leben Badawis eine Verschiebung auf kommende Woche empfohlen, berichtete Amnesty International.

Badawi sei vor der Auspeitschung zur Kontrolle ins Gefängnisspital gebracht worden. "Der Arzt stellte fest, dass die Wunden noch nicht richtig verheilt waren und dass er eine weitere Runde von Peitschenhieben nicht durchstehen würde", schreibt die Menschenrechtsorganisation. Daher habe der Arzt eine Verschiebung der Folter "aus medizinischen Gründen" empfohlen. Unklar war zunächst, ob die Behörden dieser Empfehlung Folge leisten werden.

Amnesty-Vertreter Said Boumedouha bezeichnete es als "makaber" und "empörend", dass sich die saudische Justiz so um eine Heilung von Badawis Wunden bemühe, "damit er diese brutale Bestrafung immer wieder ertragen kann". Er wies darauf hin, dass Badawis Leben immer noch "in unmittelbarer Gefahr" sei.

1000 Peitschenhiebe

Nach der ersten Tranche von 50 Peitschenhieben habe Badawi gesagt, dass er eine weitere Auspeitschung nicht mehr überstehen werde. Das hatte die Ehefrau des 31-Jährigen Amnesty International gesagt. Insgesamt beträgt seine Strafe 1000 Peitschenhiebe.

Sebastian Kurz zeigte sich in einer ersten Stellungnahme erfreut über die Verschiebung der Auspeitschung, kündigte aber zugleich an, den Druck auf Riad aufrechterhalten zu wollen. "Wir lassen nicht locker", sagte er.

"Wir werden weiter Druck machen hin auf eine Begnadigung", sagte Kurz unter Verweis auf die gemeinsamen Bemühungen mit EU, UNO und Bundespräsident Heinz Fischer.

Die außenpolitische Sprecherin der Grünen, Tanja Windbüchler, bezeichnete die Absage der Auspeitschung als "ersten Zwischenerfolg des zivilgesellschaftlichen Engagements".

Scharfe Kritik an Riad übte unterdessen die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ). Die Strafe sei "unverhältnismäßig" und "schadet dem Ansehen des Islam massiv", kritisierte die IGGiÖ in einer Aussendung. Anstatt  "Hochglanzbroschüren über die Schönheit des Islams" in die Welt zu schicken, sollte Saudi-Arabien die Menschenrechte einhalten. Dies helfe den Muslimen in Europa nämlich "viel mehr".

Abdullah-Zentrum

Der Fall Badawi hat der seit Monaten schwelenden Diskussion über das von Saudi-Arabien finanzierte Abdullah-Zentrum neue Nahrung gegeben. Die Grünen wollten bei einer Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates am Freitag die sofortige Schließung des Zentrums fordern, zu dem jüngst auch Bundeskanzler Faymann auf Distanz gegangen ist. Dagegen wandten sich Fischer, Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) und der Wiener Erzbischof Christoph Kardinal Schönborn gegen eine rasche Schließung des Zentrums.

Das KAICIID verteidigte sein Schweigen im Fall Badawi in einer Aussendung am Freitag damit, dass es seine "Unparteilichkeit" im Dialog der Religionen nicht gefährden wolle. "Wir sind Mediatoren, Moderatoren und Förderer im interreligiösen Dialog. Wenn wir rufen, sollen alle kommen - auch Staaten, die das Schariarecht anwenden."

Das Abdullah-Zentrum steht wegen der eklatanten Menschenrechtsverletzungen in Saudi-Arabien seit seiner Gründung im Jahr 2011 in der Kritik. Es geht auf eine gemeinsame saudisch-spanische Initiative zurück und wird vom Vatikan und Österreich mitgetragen.